Zu hohe Vergütung gefährdet Gemeinnützigkeit

Gewährt eine gemeinnützige Körperschaft ihrem Geschäftsführer unverhältnismäßig hohe Vergütungen, liegt gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 3 AO eine Mittelfehlverwendung vor. Diese kann dazu führen, dass der Körperschaft die Gemeinnützigkeit entzogen wird. In einem am 20.08.2020 veröffentlichten Urteil hat der Bundesfinanzhof über die Höhe einer Geschäftsführervergütung bei Gemeinnützigen wichtige Grundsätze entwickelt und dabei den Maßstab für die Feststellung unangemessen hoher Entgelte vorgegeben.

Von Dr. Matthias Uhl

Nach § 55 Abs. 1 Nr. 3 AO darf eine gemeinnützige Körperschaft keine Person durch unverhältnismäßig hohe Vergütungen begünstigen. Den Maßstab für eine unverhältnismäßig hohe Vergütung bildet nach dem Bundesfinanzhof ein sogenannter Fremdvergleich. Für diesen Fremdvergleich können allgemeine Gehaltsstrukturuntersuchungen für Wirtschaftsunternehmen herangezogen werden; das ist bemerkenswert, weil die Finanzverwaltung bislang den Maßstab auf vergleichbare steuerbegünstigte Einrichtungen einschränkt. Die mögliche Angemessenheit einer Vergütung erstreckt sich auf eine Bandbreite, sodass nur diejenigen Bezüge als unangemessen hoch einzustufen sind, die den oberen Rand der gefundenen Bandbreite um mehr als 20 Prozent übersteigen.

Klarer Maßstab?

Letztlich lassen sich diese Grundsätze auch auf alle anderen Geschäftsbeziehungen wie beispielsweise Miet-, Pachtverhältnisse oder Darlehensverträge übertragen. Auch diese müssen einem Fremdvergleich standhalten und damit „at arm`s length“ abgeschlossen werden.

Trotz dieser durch den BFH nun gesetzten Leitplanken wird es wohl dabei bleiben, dass sich darüber, was unverhältnismäßig ist und was nicht, weiterhin trefflich streiten lässt. Viele gemeinnützige Einrichtungen sind nämlich nach ihren Tätigkeiten, ihrer Größe und ihrem Organisationsaufbau schlicht „einzigartig“. Ein Fremdvergleich kann daher in vielen Fällen nicht zweifelsfrei geführt werden.

Neuer Bagatellvorbehalt 

Auch mit Blick auf das scharfe Schwert des Entzugs der Gemeinnützigkeit gibt es Neues zu vermelden:

Die gesetzliche Systematik beruht auf einer Art Alles-oder-Nichts-Prinzip: Genau genommen führt jede noch so geringfügige Verletzung gegen die Vorgaben des Gemeinnützigkeitsrechts (z. B. ein nur geringfügig überhöhtes Entgelt) zum Verlust der Gemeinnützigkeit. Aufgrund der hohen Bedeutung des Gemeinnützigkeitsstatus wurde in der Literatur bisher darauf hingewiesen, dass Regelverstöße gegen die tatsächliche Geschäftsführung (§ 63 AO) jedoch stets verhältnismäßig sein müssen. Der BFH greift diesen Gedanken nunmehr zum ersten Mal ausdrücklich auf und anerkennt damit einen „Bagatellvorbehalt“, dem zufolge bei „kleineren, einmaligen Verstößen“ die Gemeinnützigkeit nicht verlustig geht.

Gemeinnützige Körperschaften müssen danach anders als bislang nicht mehr fürchten, bereits bei geringfügigen Verstößen gegen das Mittelverwendungsgebot den Gemeinnützigkeitsstatus aufs Spiel zu setzen. Die Wertung, wann genau eine Bagatelle vorliegt, ist freilich wiederum von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls abhängig.

Der Autor dieses Beitrags

Dr. Matthias Uhl ist Rechtsanwalt für die PSP PETERS, SCHÖNBERGER & PARTNER mbB. PSP unterstützt steuerbegünstigte Körperschaften bei der Optimierung von Gehaltsstrukturen und erstellt Gutachten zur Frage einer im Einzelfall angemessenen Vergütungshöhe.

www.psp.eu

Foto: pxhere.com


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