KI für alle Nonprofits: Startschuss in Seattle

Künstliche Intelligenz (KI) erobert die Welt, auch die der Nonprofit-Organisationen. Sie wird die Arbeitsweise von Nonprofits auf der Fundraising- wie auf der Projektseite grundlegend verändern. Microsoft setzt sich mit der Ausrichtung des ersten Global Nonprofit Leaders Summit Anfang Februar an die Spitze der Bewegung. Fundraising-Experte Prof. Dr. Michael Urselmann war vor Ort in Seattle dabei und gibt uns hier einen Einblick.

Ziel ist, KI allen NPOs zu ermöglichen – großen und kleinen, in den USA und weltweit. Umgekehrt fordert Microsoft die NPOs aber auch auf, sich jetzt schnell einzubringen und mitzugestalten. Beim Tempo der Entwicklungen darf auch der dritte Sektor nicht lange passiver Beobachter bleiben.

Das Angebot galt wirklich allen: Neben 1.400 persönlich eingeladenen Führungskräften und Multiplikatoren, waren auch 4.300 Teilnehmende aus 111 Ländern über LinkedIn Live dabei, als Microsoft vom 31. Januar bis 1. Februar 2024 in Bellevue/Seattle – nahe seiner Firmenzentrale in Redmond – aufzeigte, wie KI konkret die gemeinwohlorientierte Welt unterstützen kann.

Microsoft Copilot stand im Mittelpunkt

Im Mittelpunkt stand der soeben marktreif gewordene Microsoft Copilot. Basierend auf GPT-4 und Dall-E 3 von OpenAI, ermöglicht dieses KI-Assistenzsystem den (aus ChatGPT bekannten) Einsatz von Generativen Pretrained Transformern (GPT) über alle Apps von Microsoft 365 (früher: Office) hinweg: Word, Excel, Powerpoint, Outlook, Teams, Bing etc.. In jeder dieser vertrauten Apps kann MS Copilot jetzt über einen eigenen Button zugeschaltet und über Prompts (Fragen und Anweisungen des Nutzers) gesteuert werden. Was das für den Arbeitsalltag in NPOs bedeutet, wurde den Teilnehmern in einer faszinierenden Live-Demo gezeigt.

Hier einige Beispiele:

MS Teams

Ein Meeting in MS Teams kann aufgezeichnet und aus dem gesprochenen Wort Text generiert werden („Speech-to-Text“). Über MS Copilot können einfache Prompts eingegeben werden: „Fasse die wichtigsten Ergebnisse des Meetings auf drei Seiten zusammen!“ „Erstelle ein Protokoll des Meetings!“ „Übersetze das Protokoll ins Englische!“ „Versende das Protokoll über Outlook an den Verteiler ‚Vorstand‘!“ Copilot ermöglicht sogar auszuwerten: Welcher Meeting-Teilnehmer hatte welche Redeanteile? Wer hat was vorgeschlagen? Copilot erkennt sogar, in welcher Stimmung das Meeting verlief (konstruktiv, angespannt etc.). Ob man wirklich alle Features einsetzen möchte, bleibt den Anwendern selbst überlassen …

MS Word

In MS Word können ein oder mehrere Dokumente geöffnet und zusammengefasst werden. Über Copilot können einfache Prompts eingegeben werden: „Fasse die 40 Seiten des Dokuments auf drei Seiten zusammen!“ „Entwickle aus den 20 Seiten Projektbericht Vorschläge für einen 5-seitigen Stiftungsantrag, für einen LinkedIn-Post von 10 Zeilen, für einen Beitrag im E-Newsletter im Umfang von 500 Worten, eine Landing-Page in einfacher Sprache, etc.!“

MS Powerpoint

Wurde in MS Word ein Text generiert (z.B. über den Prompt „Erläutere die Chancen und Risiken des Einsatzes von KI im Online-Fundraising unserer Organisation!“), so kann aus dem Ergebnis mit Hilfe von Copilot direkt eine Datei in MS Powerpoint generiert werden, inklusive geeigneter Visualisierungsvorschläge für jede einzelne Folie. Der gewünschte Folienumfang kann durch den Prompt ebenfalls vorgegeben werden!

MS Excel

Umfasst ein Text in MS Word Zahlen, so können mit Hilfe von Copilot daraus per Prompt Tabellen und Diagramme in MS Excel generiert werden.

MS Outlook

Wurde eine Vorgesetzte cc: gesetzt in einer langen Diskussion über zehn E-Mails zwischen zwei Mitarbeitern, so kann sie mit Hilfe von Copilot in MS Outlook den Prompt verwenden: „Fasse die E-Mails zwischen Huber und Meier im Zeitraum 01.-31.01.2024 zusammen und zeige auf, was von mir zu entscheiden ist!“ „Erstelle einen Entwurf für eine freundliche Antwort-E-Mail von mir!“

Gutes Prompt-Design ist gefragt

MS Copilot steht also als unermüdlicher Assistent 24/7 zur Verfügung. Wie auch beim Menschen, sind die Arbeitsergebnisse des Assistenten dabei umso besser, je besser und klarer vorher die Arbeitsaufträge erteilt wurden. Wir Anwender müssen also lernen, unsere Wünsche in präzise Prompts zu fassen – gutes Prompt-Design ist gefragt! Das will gelernt sein, ist aber wesentlich einfacher als früher ohne KI den Rechner über Programmiersprache zu steuern. Freilich sollte niemand dem Copiloten blind vertrauen – weder jetzt noch künftig! Um Fehler (Bias) zu vermeiden, sollte der Mensch immer das letzte Wort haben! Trotzdem ist es schon sehr praktisch, von der KI verschiedene Entwürfe vorgeschlagen zu bekommen.

Deutlich reduzierte Preise für Nonprofits

Mit dem Copiloten ist es Microsoft gelungen, KI in Form von GPTs anwenderfreundlich in seine Anwender-Software zu integrieren. Jetzt dürfte sich für Microsoft auszahlen, dass weltweit die meisten Menschen mit seinen Office-Produkten großgeworden und vertraut sind. Natürlich will Microsoft jetzt mit dem Copiloten Geld verdienen – schließlich wurden insgesamt ca. 13 Mrd. US-Dollar in die Kooperation mit OpenAI investiert. Für Nonprofits wird der KI-Assistent jedoch zu deutlich reduzierten Preisen über Vermittler wie Tech Soup (in Deutschland: Haus des Stiftens – dort finden sich auch Preisermäßigungen für Microsoft-Produkte) angeboten. Die neue KI-Technologie soll weltweit nicht nur großen, sondern auch kleinen NPO erschwinglich zur Verfügung stehen.

Übrigens: So nutzen Vereine und NPOs Microsoft-Produkte kostenfrei (Artikel auf www.gutes-wissen.org)

Klare Erwartungen an Nonprofit-Sektor

Mehr noch als große Gewinne, erwartet sich Microsoft von der engen Zusammenarbeit mit dem Nonprofit-Sektor jedoch etwas Anderes – und artikuliert dies auf dem Summit auch sehr deutlich. Der Nonprofit-Sektor wird aufgrund seiner Gemeinwohlorientierung gerne auch als moralisch überlegener Sektor angesehen. Im Zusammenhang mit dem Einsatz von KI tauchen für Microsoft als einem Unternehmen im kommerziellen Sektor eine Vielzahl ethisch-moralischer Fragen auf, die noch überzeugend beantwortet werden müssen. Microsoft ist nicht nur Treiber der revolutionären Technologie, sondern auch Getriebener in vielen ethischen Fragen. Nicht umsonst dachten im März letzten Jahres prominente Vertreter der Tech-Branche, darunter auch Elon Musk, in einem offenen Brief sogar über ein sechsmonatiges Moratorium in Sachen KI-Entwicklung nach. Die rasante Entwicklung in der KI droht buchstäblich allen Beteiligten über den Kopf zu wachsen.

Bringt Euch ein, artikuliert Eure ethischen Forderungen!

Frei nach Mahatma Gandhi („Sei Du selbst die Veränderung, die Du Dir wünschst für diese Welt!“) ruft Microsoft die Teilnehmer des Global Nonprofit Leaders Summit auf: „Bringt Euch ein in die Entwicklung und Training der KI! Artikuliert Eure ethischen Forderungen! Entwickelt die ethischen Standards für KI mit, die Ihr Euch für diese Welt wünscht!“ Schließlich wollen auch Nonprofits durch den Einsatz von KI nicht das Wichtigste gefährden, was sie haben: das Vertrauen der Gesellschaft!

Meg Garlinghouse, Leiterin Social Impact bei Microsoft-Tochterunternehmen LinkedIn, fasst es so zusammen: „KI wird nicht durch Zufall oder Glück hilfreich für Nonprofits, sondern durch Engagement bei seiner Entwicklung!“ Stanford-KI-Expertin Dr. Fei-Fei Li fügt hinzu: “AI should be governed by human roots. At the end of the day there is nothing artificial about artificial intelligence, it is made by people and it is going to be used by people and it has to be governed by people.”

Ein erster wichtiger Schritt und große Zahlen

Fazit: Mit dem Summit ist ein erster wichtiger Schritt gegangen, zu erlernen, wie KI in Nonprofits nutzenbringend eingesetzt werden kann. Weitere Schritte müssen folgen. Alle Beteiligten stehen noch ganz am Anfang einer stürmischen Entwicklung, deren Auswirkungen auf die nächsten Jahre bisher nur schemenhaft zu erkennen ist. Microsoft denkt darüber nach, den Summit zu institutionalisieren und künftig einmal pro Jahr stattfinden zu lassen. Will man dem Anspruch gerecht werden, den Einsatz von KI in NPOs weltweit zu ermöglichen, müsste allerdings die Möglichkeit, online teilzunehmen, im Vorfeld noch deutlich besser in die gesamte NPO-Welt hinein kommuniziert werden. Microsoft schätzt, dass es weltweit 10 Mio. Nonprofit-Organisationen gibt, für die 250 Mio. Menschen an einer besseren Welt arbeiten. Große Zahlen also – aber mit Hilfe von KI langfristig wohl kein Problem!?

Nonprofit Community und Microsoft-Programm „AI for Good“

Zwischen den jährlichen Summits kann sich jeder Interessierte übrigens in der extra von Microsoft dafür ins Leben gerufenen Nonprofit Community ebenso kostenlos schlau machen wie über das Microsoft-Programm „AI for Good“. Sage niemand in der Nonprofit-Welt mehr, er hätte nicht gewusst, wie er den Einstieg in das Thema KI finden sollte!

Text: Michael Urselmann, Foto: privat


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