Deutsche NGOs im Netz – Studie zeigt Verbesserungsbedarf

Nicht einmal die Hälfte der Internetseiten großer deutscher Hilfsorganisationen sind geeignet für Tablets oder Smartphones. Noch weniger sind sie auf Suchmaschinen gut auffindbar. Eine Studie über „Qualität und SEO-Fähigkeit von Webseiten deutscher Hilfsorganisationen“ beleuchtet diese Defizite und zeigt Lösungswege auf.

Zuerst einmal: Diese Studie ist kein Handbuch. Sie verschafft dem Leser einen Überblick über die Qualität der Webseiten von 51 großen Hilfsorganisationen. Doch sie liefert auch einen wesentlichen Teil des nötigen Basiswissens. Auf 34 Seiten erkennt der Leser anhand von genauen Werten, wo die Probleme auf untersuchten NGO-Webseiten liegen und kann Rückschlüsse für die eigene Organisation daraus ziehen. „Wie auch bei unseren anderen Studien wollen wir keine Zahlenschlacht liefern, sondern die Kernwerte hervorheben und deuten, die für gemeinnützige Organisationen wirklich wichtig sind“, betont Joachim Sina, Head of Fundraising der GRÜN Software Group.

Zahlen, die für sich sprechen

Beispiel Nutzungsverhalten: Während die Bevölkerung längst per Mobilgerät im Netz unterwegs ist, sind die Seiten von gemeinnützigen Organisationen oft nur an großen Bildschirmen wirklich nutzbar. Hier hinken viele Organisationen einer Entwicklung hinterher, die schon sehr weit fortgeschritten ist. „Gerade junge Menschen unter 30 Jahren setzen sich selten an den Rechner und suchen gezielt im Web. Sie nutzen ihr Smartphone und geben verschiedene Suchbegriffe ein, gerne auch spontan und unterwegs“, erklärt Marketing-Experte Dr. Erwin Lammenett, der die Studie im Auftrag von GRÜN alpha erstellt hat.

Doch die Mobilfähigkeit ist nur eine Baustelle von vielen, wenn gemeinnützige Organisationen sich im Internet präsentieren wollen. Was oftmals nicht klar ist: Auch Webseiten können für Nutzer voller Hindernisse sein. Beispielsweise durch ihren Aufbau, zu kleine Schrifttypen oder zu niedrig gewählte Kontraste. Wer eine Sehschwäche hat, wird dadurch von der Nutzung der Seite ausgeschlossen. „Mein Tipp: Denken Sie sich immer in Ihre Nutzer hinein“, merkt Dr. Erwin Lammenett an.  Genauso ist es auch beim Thema Schnelligkeit: Viele und gerade junge Internetnutzer besitzen sowohl stationär als auch mobil High-Speed-Internet. Lange Ladezeiten werden bestenfalls zähneknirschend toleriert. Meistens jedoch springt der Nutzer nach wenigen Sekunden ab, wenn die Seite zu lange lädt.

Ladezeiten sind entscheidend

Für die junge Generation ist es schwer verständlich, warum ein hochauflösendes Video auf YouTube flüssig läuft, aber eine Internetseite sich nur verzögert öffnet. Joachim Sina gibt zu bedenken: „Einer Organisation mag die Ladezeit ihrer Webseite von mehreren Sekunden nicht mehr auffallen, aber der Nutzer springt nach wenigen Sekunden ab.“

Und dann sind da natürlich noch die sozialen Medien: Wer dort nicht vertreten ist, lässt wertvolles Potenzial und Reichweite liegen. Bei Facebook oder Instagram haben Organisationen die Chance, ihre Botschaften kurz und an die Zielgruppe heranzutragen. „Dazu sollte man immer bedenken, dass Botschaften in sozialen Medien die Chance haben, viral zu gehen. Das bedeutet, dass sie von Nutzer zu Nutzer weitergegeben werden und so hohe Reichweiten in den Zielgruppen erreichen können“, erläutert Joachim Sina.

Selten gut auffindbar

„Das Internet wächst und wird vielschichtiger. Die Anforderungen, die benötigt werden, um in diesem gewaltigen Datennetz auf sich aufmerksam zu machen, werden immer komplexer“, so Dr. Erwin Lammenett. Zunehmend wichtiger wird beispielsweise die Sichtbarkeit auf Suchmaschinen. Hier schnitten weit über die Hälfte (76,5 %) der getesteten Websites unterdurchschnittlich ab. „Entweder kümmern sich die Organisationen nicht um ihre Sichtbarkeit auf Suchmaschinen, oder ihnen fehlt das nötige Know-how“, bemerkt Joachim Sina. „Dabei ist eine gute Auffindbarkeit entscheidend, gerade wenn es um die Gewinnung von Neuspendern geht.“ Natürlich ist die Konkurrenz auf Suchmaschinen wie Google enorm, doch mit den richtigen Mitteln kann es auch Hilfsorganisationen gelingen, auf Suchmaschinen präsent zu sein.

Viele Faktoren, ein Gesamtbild

Grundsätzlich zeigt die Studie, dass zumindest in puncto Mobilfähigkeit bei einigen Organisationen in die richtige Richtung gedacht wird. „Leider ist dabei die technische Umsetzung oftmals mangelhaft“, bedauert Dr. Erwin Lammenett. Auch Joachim Sina sieht umfassenden Nachholbedarf: „Bei Faktoren wie Ladegeschwindigkeit, Barrierefreiheit, Auffindbarkeit sowie Präsenz in den sozialen Medien ist noch viel Luft nach oben. Hier liegen ungenutzte Potenziale.“ Die heranwachsende Generation von Spendern ist mit dem Internet aufgewachsen und möchte einen Mehrwert erhalten. Dabei sollen die Informationen schnell zu finden, ansehnlich aufbereitet und bestenfalls noch unterhaltsam sein. Eine große Herausforderung für viele Organisationen, die oft noch veraltete Webseiten im Einsatz haben. Meistens ist die komplette Einführung einer Onlinestrategie nötig, inklusive eines Relaunchs. „Doch wer es schafft, seine Botschaft vielseitig in die digitale Welt zu tragen, der investiert in die Zukunft – denn diese wird vor allem online stattfinden“, prophezeit Dr. Erwin Lammenett.

Die Studie ist für gemeinnützige Organisationen hier kostenlos zu beziehen.

Text: Lucas Giesen / Bild: pixabay


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