Wer spendet für Medizin und warum?

Spenden für das Gesundheitswesen können und sollen nicht die medizinische Grundversorgung abdecken, aber sie erhalten in Krisenzeiten eine zusätzliche Bedeutung. Eine aktuelle Studie hat erforscht, wer für Medizin spendet und warum.

Von JORIT NESS und CARINA HELFERS

Die Entscheidung, für einen bestimmten Zweck oder einen bestimmten Bereich zu spenden, ist individuell und geht auf unterschiedlichste Beweggründe zurück. Trotzdem lassen sich Gemeinsamkeiten feststellen. Eine neue bundesweite Studie, herausgegeben von der Stiftung Universitätsmedizin Essen, hat erstmals detailliert das Spenderverhalten im Bereich der Universitätsmedizin untersucht und eine Frage aufgegriffen, die angesichts der Corona-Pandemie aktueller nicht sein könnte: Wer spendet für Medizin und warum? Und welche Bedeutung können Spenden im Gesundheitswesen jetzt und in Zukunft einnehmen? Die wirtschaftliche Lage in vielen deutschen Krankenhäusern spitzt sich zu: Die öffentlichen Mittel reichen nicht aus, um alle Projekte zu finanzieren, die notwendig wären, um innovative Forschungsprojekte zu ermöglichen, Patienten nach höchsten Standards zu versorgen oder angehende Ärzte nach den neuesten Lehrmethoden zu unterrichten. Gleichzeitig hat Corona gezeigt, wie wichtig diese Faktoren sind.

Soziodemografische Merkmale von Spendenden erforschen

Das Gesundheitswesen wird als stabiler Pfeiler unserer Infrastruktur benötigt. Spenden können nicht das einzige Mittel sein, um zusätzliche Finanzierungsquellen zu erschließen, aber sie können einen maßgeblichen Beitrag leisten. Viele Krankenhäuser haben dies erkannt und betreiben professionell Fundraising. Somit war es an der Zeit, nach den Motiven, der Herkunft und den soziodemografischen Merkmalen von Privatpersonen zu fragen, die Medizin fördern. Über 7.200 Spender an acht Universitätsklinik-Standorten wurden mittels eines schriftlichen Fragebogens gebeten, an der Studie teilzunehmen. Die Responsequote lag bei 18 Prozent.

Ergebnisse zeigen, wer spendet

Die Ergebnisse zeigen: Der Durchschnittsspender ist 65,5 Jahre alt, im Ruhestand und verheiratet. Die Spender offenbaren eine starke Verbundenheit mit der Region. Ältere Menschen spenden häufiger aus Dankbarkeit über eine zurückliegende medizinische Behandlung, bei jüngeren überwiegen altruistische Motive. Insgesamt ist der wirkungsvolle Mitteleinsatz die am häufigsten genannte Spendenmotivation. Neben intrinsischen Faktoren, die einen großen Einfluss auf die Spendenmotivation haben, spielen auch extrinsische Faktoren eine entscheidende Rolle. Denn mit den kommunizierten Themen lässt sich das Interesse bestehender und potenzieller Spender wecken und im Idealfall eine Spendenmotivation auslösen. Die Voraussetzung: die Interessen seiner Unterstützer zu kennen.

Medizinische Forschung als Förderschwerpunkt

Im Rahmen der Studie wurden Informationen zu Projekten aus Wissenschaft und Forschung mit 33,3 Prozent am häufigsten genannt, gefolgt von Projekten in der Patientenversorgung mit 32,6 Prozent. Bei der Frage nach Förder­schwerpunkten für den Einsatz zukünftiger Spenden liegen die medizinische Forschung mit 36,7 Prozent und die Krankenversorgung mit 37,2 Prozent fast gleichauf. Ist der erste Schritt getan, engagierte Menschen für die

Ziele und Zwecke der eigenen Arbeit zu begeistern und zu gewinnen, können diese wiederum zu Multiplikatoren werden und die eigene Begeisterung an ihr soziales Umfeld weitergeben. 67 Prozent der Befragten können sich dies vorstellen.

Spendenmotivation in Krisenzeiten

Der Unterstützerkreis wächst. Doch wie sieht es mit der Spendenmotivation und dem Spenderverhalten in Krisenzeiten aus? Und wie können Institutionen mit ihren Spendern umgehen, wenn sich die Gegebenheiten plötzlich ändern und Maßnahmenpläne nicht mehr greifen? Die Stiftung Universitätsmedizin hat für sich selbst eine Antwort gefunden: die eigenen Spender und ihre Interessen und Motivationen nicht zu vergessen, sondern sie weiterhin in die Arbeit zu involvieren. Denn gerade in Krisenzeiten wird häufig der Wunsch laut, Soforthilfe leisten zu wollen, Solidarität zu zeigen und Zusammenhalt zu demonstrieren. Das Gefühl, füreinander da zu sein und einander zu helfen, erhält noch einmal einen neuen Stellenwert.

Engagement ist überlebenswichtig

Mit ihrer bundesweiten Initiative „Spen­den für Corona“ leistet die Stiftung, ge­mein­sam mit ihren Unterstützern, Hilfe für die Forschung über das Coronavirus und zusätzliche Versorgungsprojekte für Patienten und medizinisches und pflegerisches Personal. Auf diese Weise trägt sie den Interessen ihrer Spender Rechnung – Forschung und Krankenversorgung zu fördern – und reagiert auf die in der Krise dringend benötigten Bedarfe. Denn klar ist jetzt und in Zukunft: Gemeinsames Engagement für eine Stärkung des Gesundheitswesens ist überlebenswichtig.  

Die Autoren dieses Textes:

Jorit Neß hat als Geschäftsführer der Stiftung Universitätsmedizin Essen die Studie koordiniert. Er ist Leiter der Stabsstelle Fundraising an der Universitätsmedizin Essen sowie Geschäftsführer weiterer Stiftungen unter dem Dach des Stiftungsbundes – einem Bündnis von Stiftungen, die sich im Gesundheitswesen engagieren. Er hat die Initiative „Spenden für Corona“ ins Leben gerufen, um Soforthilfe für Forschung und Krankenversorgung zu ermöglichen.

Carina Helfers ist stellvertretende Leiterin der Stabsstelle Fundraising an der Universitätsmedizin Essen sowie Bereichsleiterin Förderprojekte für die Stiftung Universitätsmedizin Essen. Sie begleitete sowohl die Studie als auch die Initiative „Spenden für Corona“ von Beginn an. Ihre Schwerpunkte liegen in den Bereichen Großspenden-Fundraising, Unternehmenskoopera­tionen sowie Förderstiftungen.

Die Studie

Wer spendet für Medizin und warum?

Herausgeber: Stiftung Universitätsmedizin Es­sen. Studienpartner: Deut­scher Fundrai­sing Ver­band, Verband der Uni­ver­si­täts­klinika Deutschlands, Van Acken Fundraising GmbH,
ISBN 978-3-00-064447-4.
Die Studie „Wer spendet für Medizin und warum?“ ist erhältlich unter www.dfrv.de und www.universitaetsmedizin.de

Illustration oben: Pixabay, Cover Studie: Stiftung Universitätsmedizin Es­sen


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