Strategische Planung: vom Träumen hin zur Realität

Jahresplanung, Projektplanung, Strategie … Wir stecken immer in der Umsetzung und wollen oder sollen Pläne machen. Unser Autor Patrick Hafner zeigt einen Weg, wie das trotz Alltags-Stress gelingen kann.

Ich beginne (strategische) Planungsprozesse sehr gerne mit einer Traumübung. Dabei erlaube ich mir eine kurze oder längere Gedanken- und Gefühlsreise in die Zukunft, wie ich sie mir wünsche. Persönliche Träume oder Visionen sind meist sehr intuitiv, manchmal sogar irrational. Wenn wir aber mutig genug sind, an einen Traum zu glauben und über ihn zu sprechen, dann wird dieser Traum nicht nur zum Ziel unseres Tuns, sondern zur kraftvollen, beinahe unerschöpflichen Ressource unseres Wirkens. Daher sollte für mich ein Traum am Beginn jeder Planung stehen. Und wer sollte besser träumen können als wir Fundraiserinnen und Fundraiser, Menschen, die an eine noch bessere und noch schönere Welt glauben und bereit sind, sich dafür einzusetzen?

Träume sollen Wirklichkeit werden

Klar, ein Traum alleine reicht nicht. Ihn Wirklichkeit werden zu lassen ist wohl die wahre Kunst. Nennen wir diese Kunst strategische Planung in sechs Schritten.
Beginne damit zu träumen und visualisiere deinen Traum: Zeichne ihn, male ihn. Schreibe Schlagworte auf Post-its und klebe sie an die Wand oder ans Fenster. Fülle alles in eine Excel-Tabelle. Wie es dir am besten liegt. Aber jedenfalls spüre deinen Traum und visualisiere ihn.
Mache im zweiten Schritt deinen Traum greifbar. Beantworte folgende Frage(n): Falls ich dem Traum näher komme, wie schaut mein Tätigkeitsfeld in drei oder fünf Jahren aus? Fühle dich auch hier in die zukünftige Situation hinein, tu so, als wäre sie schon eingetreten und zeichne ein möglichst konkretes Bild. Wie geht es dir? Wie sieht dein Arbeitsalltag aus? Wie haben sich deine Spenderkontakte entwickelt? Nur einige der Fragen, die du wiederum auf eine für dich stimmige Art visualisierst.

Eingrenzung der Ziele

Konkretisiere dann deine Ambitionen: Was werde ich in drei bis fünf Jahren erreicht haben? Leite aus dieser Frage einige wenige strategische Ziele ab. Drei bis sechs sollten reichen, es geht um die Vogelperspektive.
Nun erst folgt der Schritt zum Geld: Wie würde sich diese Situation in Einnahmen widerspiegeln? Geld sollte nie das primäre Ziel unserer Fundraising-Aktivitäten sein, nur die Folge. Falls du deiner Vision näher kommst, wie würde sich das in drei bis fünf Jahren an den Einnahmen zeigen? Wirf eine Zahl aus deinem Bauch, denke nicht zu viel darüber nach, ob sie realistisch ist oder nicht. Nur darüber, ob sich die Zahl so richtig gut anfühlt, in dir ein Kribbeln und auf deinen Lippen ein Lächeln erzeugt. Sie darf ruhig auch etwas Angst machen, dann ist genug Adrenalin im Spiel. Diese Zahl hältst du als Fundraising-Ambition fest. Gib sie aber nicht ins Budget, höchstens als optimistisches Szenario in den Forecast.

Realistisches Szenario

Schalte nun einen Gang zurück: Fühle in dich hinein und adaptiere die erste Zahl so lange, bis das unangenehme Angstgefühl kleiner wird oder verschwindet. Wie sollte die projizierte Zahl angesetzt sein, damit sie sich gut und machbar anfühlt? Fixiere diese Zahl – nach ein oder zweimal darüber schlafen – als Fundraising-Budget oder realistisches Szenario im Forecast.
Als sechsten und abschließenden Schritt gehst du nun von deinem Zielbild – Traum, Ambition, (Einnahmen)Ziele – rückwärts und überlegst, was du im nächsten Jahr oder den nächsten zwei Jahren tun musst, um dieses Zielbild zu erreichen. Das ist dann deine Jahresplanung, dein Maßnahmen- oder Aktivitätenplan.

Die Vergangenheit mit der Zukunft verknüpfen

Gehst du von der Zukunft in die Vergangen­heit, bist du offener darin, neue Wege zu beschreiten und weniger Bestehendes zu replizieren. Funktionierendes wirst du trotzdem mitnehmen, denn der Nährboden deines Traums ist die Vergangenheit. Mehr zum Thema kannst du unter dem Schlagwort „Strategic Foresight“ im Internet nachlesen. Durch die Visualisierung deines Traums – und du solltest ihn zu Beginn jedes deiner Strategy Monitoring-Meetings hervorholen – prägst oder grundierst du dich auch in diese positive Richtung. Eine äußerst interessante Vertiefung zu diesem als „Priming“ bezeichneten Vorgang bietet dir dazu Daniel Kahneman, Nobelpreis für Wirtschaft, in seinem Buch „Schnelles Denken, langsames Denken“.
Nelson Mandela sagte: „A winner is a dreamer who never gives up.“ Lasst uns weiter träumen. Wir sind damit Ressource für eine bessere Welt. Klingt pathetisch, ist es auch. Weil es wunderschön ist, berührend, erschreckend, beängstigend und wundervoll zugleich.

Der Autor dieses Beitrags, Patrick Hafner, ist selbständiger Fundraising- und Strategieberater, Organisationsentwickler und Trainer. Er ist seit über 20 Jahren in der NPO-Welt tätig, zuletzt als International Fundraising Director bei Light for the World und Campaign Manager an der Wirtschaftsuniversität Wien. Seit 17 Jahren ist Patrick Hafner zudem als CliniClown aktiv.
www.patrickhafner.at

Foto: Gert Altmann/pixabay


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