So geht Donor Centricity: Mensch im Fokus

Vieles von dem, wie Fundraising heute umgesetzt wird, beruht auf dem Modell des Relationship Fundraisings. Dabei steht der spendende Mensch im Mittelpunkt. Doch wie funktioniert das in der Praxis?

Fundraising basiert auf theoretischen Modellen und Prinzipien. Das sind Sätze wie „Friendraising before Fundraising“ und „Spender sind Freunde fürs Leben“ und das Modell des Relationship Fundraising, das der britische Fundraising-Experte Ken Burnett entwickelt hat. Der Fokus liegt hier auf der Beziehung zur Person, also zur Spenderin und zum Spender, statt auf dem Geld.

Das Modell oder die Haltung der Donor Centricity – des spen­der­zen­trier­ten Ansatzes – beschreibt die Fund­raising-Expertin Penelope Burk in ihrem Buch „Donor Centered Fundraising“. Hierbei steht die Spenderin im Fokus, ihre In­te­res­sen, ihre Hand­lungen und Weiteres, was wir über sie wissen. Die Erlebnisse mit der Or­ga­ni­sa­tion werden für die Spenderin persönlicher, die Bindung stärker. Das spender­zen­trierte Heran­gehen kann für Or­ga­ni­sa­tionen einen echten Wan­del im Denken und Handeln bedeuten. Der Schwer­punkt liegt nicht mehr darauf, Unterstützer als Geldgeber zu betrachten, sondern auf den Bedürfnissen der Spender und der Gestaltung einzigartiger Erlebnisse, die ihre Bindung an die Sache der Organisation stärken.

Doch was bedeutet es in der Praxis, Fund­raising spender­zentriert durchzuführen? Eine Gegen­über­stellung von Sätzen und Aus­sagen bringt erste Unter­schiede auf den Punkt:

nicht spenderzentriertspenderzentriert
Wir retten Leben.Sie retten Leben.
Mit Ihrer Spende können wir die Forschung zu seltenen Krankheiten voranbringen.Sie können die Forschung zu seltenen Krankheiten voranbringen.
Wir haben im vergangenen Jahr viel erreicht.Ohne Ihre Hilfe hätten wir im vergangenen Jahr nicht so viel erreicht.
Unsere Projekte verändern das Leben von vielen Menschen.Ihre Spende trägt dazu bei, das Leben von vielen Menschen zu verändern.
Wir müssen eine neue Werkstatt für die Klienten bauen.Sie können dazu beitragen, eine neue Werkstatt für die Klienten zu bauen.
Unsere Forscher haben etwas Neues herausgefunden.Sie haben geholfen, etwas Neues ans
Tageslicht zu bringen.
Wir müssen das erreichen. Bitte spenden Sie.Mit Ihrer Spende kann das erreicht werden.
Wir haben Neuigkeiten, was das Thema X betrifft.Sie sind direkt mit Thema X betroffen,
daher interessieren Sie unsere Neuig­keiten dazu bestimmt.
Wir haben verschiedene Expertinnen und Experten zusammengebracht, um neue Lösungen für die Herausforderung Y zu erarbeiten.Sie haben mit Ihrer Spende dazu beigetragen, dass verschiedene Expertinnen und Experten neue Lösungen für die Herausforderung Y erarbeiten konnten.
Unsere neuen Forschungsergebnisse werden dazu beitragen, dass vielen Menschen geholfen werden kann.Sie haben geholfen, Erkenntnisse hervorzubringen, die das Leben von 3 000 Menschen verändern wird, die in Ihrer Stadt mit dem Thema betroffen sind.

Spenderzentriert ist kostengünstiger

Spenderzentriertes Fundraising soll günstiger sein – so zumindest die These. Eine bestehende Spenderin zu halten sei einfacher, als eine neue Spenderin zu gewinnen. Das leuchtet ein – auch wenn viele Organisationen hierzu kaum belastbare Aussagen treffen können und Vergleichsdaten zwischen spenderzentriertem und nicht spenderzentriertem Fundraising kaum erhoben werden können. Der spenderzentrierte Ansatz ist daher auch eine Haltungsfrage, wie eine Organisation also die Beziehungen zu ihren Unterstützern und Stakeholdern führen möchte.

Personalisiertes Spendererlebnis

Unterschiedliche Spender haben unterschiedliche Interessen und Affinitäten zu jeder Organisation. Daher ist es wichtig, die Spenderinnen auf eine Art und Weise mit dem eigenen Anliegen in Verbindung zu bringen, wie sie es wünschen. Anstatt sie einem Sammelsurium aus scheinbar zusammenhangslosen Fundraising-Taktiken auszusetzen, erhalten sie ein durchdachtes personalisiertes Spendererlebnis, das die Zugehörigkeit und das Spendenaufkommen steigert. So ist beispielsweise die erste Spende ein wichtiger Prädiktor für das spätere Verhalten – das unterstützte Programm, der Werbekanal, der zur Spendenmotivation genutzt wurde, der Kanal, über den die Spende getätigt wurde, die Jahreszeit und die Höhe der Spende. Ein allein auf diese Daten zugeschnittenes Onboarding-Erlebnis für Spender kann zu höheren Konversionsraten bei der zweiten Spende führen.
Es kann sich für Organisationen also lohnen, die langfristige Spenden­bereit­schaft der bestehenden Unterstützer zu erhöhen, indem ein spenderzentrierter Ansatz im Fund­raising verfolgt wird. Wenn dies allerdings ernst genommen wird, gilt es, mehr als nur Aussagen und Sprache zu verändern.

Die Spendenden kennenlernen

Eine Organisation möchte dann konsequent die Spender wirklich kennenlernen und die Beziehung zu ihnen vertiefen. In der Praxis bedeutet das ganz banal: Daten sammeln und diese zum Wohl der beiderseitigen Beziehungsstärkung einsetzen. Doch genau das stellt Organisationen vor erhebliche Herausforderungen. Drängende Fragen beim Daten-Management sind: Wie können die Daten aus der Vielzahl von Datenquellen zusammengeführt und abgeglichen werden? Welche Daten sollten wie in die Kommunikation einfließen? Und schnell kommt an diesem Punkt dann immer die Frage auf: Bringt es das denn überhaupt? Doch die spenderzentrierte Herangehensweise liegt erfolgreichem Großspenden-Fund­raising ebenso zugrunde wie Ansätzen des Key-Account-Managements. Die Beziehung eines Spenders mit einer Organisation wird durch den Fundraiser auf eine persönliche Ebene gebracht.

Stärkere Bindung

Durch diese stärkere Bindung steigt das Spen­den­en­ga­ge­ment des Spenders. Durch den spender­zentrierten Ansatz sollte diese Herangehensweise in der Breite multipliziert werden. Dabei kann nicht so individuell und maßgeschneidert wie im Großspenden-Fundraising vorgegangen werden. Doch genau das sollte vielleicht eine Vision des spenderzentrierten Ansatzes sein.

Der Autor dieses Beitrags:

Jan Uekermann ist seit 2002 im Fundraising tätig und unterstützt Fundraisende dabei, nächste Stufen zu erklimmen. Er ist Berater, Trainer und Coach mit den Spezialgebieten: Fundraising-Grundlagen, Großspenden-Fundraising, Strategie, Leadership. Er ist Co-Gründer des Major Giving Institutes und der Stiftung Leaders of Tomorrow, publiziert Fachartikel und Bücher. Auf seiner Website lädt er zur kostenlosen E-Mail-Serie „25 Fundraising-Inspirationen“ ein und bietet Online-Kurse an. Jan Uekermann hat einen Master in Fundraising-Management und Philanthropie, ist ausgebildeter Systemischer Berater und absolvierte eine Weiterbildung zum Clown.

Foto: Dank Rock and Wasp – Fotolia.com


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