Nachlass-Fundraising mit Nostalgie – so gelingt es

Der Einsatz von persönlichen Erinnerungen kann im Legate-Marketing von großer Wirkung sein. Hier erfahren Sie, wie Sie gefühlvolle Erinnerungen erfolgreich in Ihre Kampagne einbinden können.

Von Rob Cope / Deutsch von Rico Stehfest

In einer schnelllebigen Welt, die permanentem Wandel unterworfen ist und in der wir einen enormen Fokus auf dem Bedürfnis nach Innovation sehen, kann es konterproduktiv wirken, einen Blick in die Vergangenheit zu werfen. Und trotzdem tun NGOs das immer wieder, genau wie führende Marken wie Coca Cola oder Adidas, und tun damit alle das gleiche. Sie schaffen damit eine Verbindung mit ihrer Zielgruppe und inspirieren sie dazu, bestimmte Initiativen zu ergreifen.

Jetzt, in Zeiten von Corona, erscheint die Lust auf Nostalgie stärker denn je. Was aber ist das Besondere an gefühlvollen Erinnerungen, das die Menschen so anzieht?

Nostalgie ist eine Empfindung, die unsere Laune hebt und uns nicht nur dabei hilft, uns mit der Vergangenheit verbunden zu fühlen, sondern auch mit unseren Zielen und Prinzipien. Eine Studie der Southampton Universität in England kommt zu dem Ergebnis, dass Nostalgie Menschen optimistischer macht, entschlossen und kreativ. Nostalgie fördert demzufolge soziales Verhalten und Großzügigkeit, was auch für das Spendenverhalten gilt. Und das ist zweifelsfrei einer der Gründe, warum Nostalgie so wirksam für das Nachlass-Fundraising sein kann.

Darüber hinaus deutet eine Studie der Texas Tech Universität in den USA an, dass diese autobiografischen Erinnerungen ein wirksames Mittel sein können, Menschen dazu zu bewegen, mit ihrem Testament eine Spende zu tätigen. Wie also können NGOs Nostalgie in ihre eigenen Nachlass-Kampagne einbinden?

Schaffen Sie Bedeutung und Resonanz

Statt sich einfach nur auf die Vergangenheit zu beziehen, fühlt sich eine gute Nostalgie-Kampagne für den Spender relevant an und führt zu entsprechender Resonanz. Schaut man sich die Timeline-Kampagne von Unicef an, bei der Förderer ein eigenes Video erstellen können, das Schlüssel-Ereignisse aus ihrem eigenen Leben mit der Arbeit der NGO verbindet, fällt es schon schwer, nicht davon beeindruckt zu sein, wie relevant die Arbeit der Organisation für unser eigenes Leben ist.

Ähnlich verhält es sich mit der Postkarten-Kampagne der Londoner NGO Brooke, die sich der Sorge um Pferde und Esel widmet. Deren Postkarte zeigt ein altes Schwarz-Weiß-Foto der Gründerin Dorothy Brooke, die ein Kind und einen Hund in einem Kinderwagen schiebt, und deren Text von ihrer Enkelin verfasst worden ist. (Übersetzung des Postkarten-Textes: „Das ist meine Großmutter, Dorothy Brooke, mit mir und einem ihrer geliebten Pekinesen in einem Kinderwagen. Ich erinnere mich daran, wie wir in Zeiten der Lebensmittelzuteilung auf unsere wöchentlichen Eier verzichtet haben, um den Hunden etwas Gutes zu tun.“) Dadurch entsteht eine Art Sympathie dafür „wie es damals war“. Die Postkarte erinnert daran, dass die NGO von jemandem gegründet worden war, mit dem wir uns identifizieren können und der oder die Engagement entwickelt hat, die Welt zu verbessern und Förderer dazu zu bringen, daran mit zu arbeiten.

Rufen Sie die Kraft (und den Trost) der Vergangenheit wach

In einer Welt des Wandels und der Unsicherheiten – besonders während einer globalen Pandemie – ist das Bedürfnis, zurückzublicken und sich nach einem einfacheren, besseren Leben zu sehnen Etwas, das jeder nachempfinden kann. Die Zukunft ist zwar faszinierend, dynamisch und aufregend, aber die Vergangenheit bietet das Gefühl von Vertrautheit, Sicherheit und Trost.

Nostalgische Erinnerungen beinhalten meist gemeinsame Erlebnisse mit der Familie und Freunden, eingebettet in unseren ganz persönlichen Kontext. Da es sich dabei um mehr als bloße Reflexionen der Vergangenheit handelt, entsteht durch Nostalgie eine autobiografische Reise, die uns zurückträgt in liebgewonnene Zeiten, sodass wir auf eine sentimentale Weise über die wichtigsten Dinge in unserem Leben nachdenken, die Menschen, Orte und andere uns wertvolle Erinnerungen.

Sprechen Sie die Baby-Boomer an

Wenn es um Testaments-Spenden geht, wenden sich NGOs oft an die Baby-Boomer. Einer der Vorteile des Marketings mit Nostalgie besteht darin, dass damit NGOs in die Lage versetzt werden, eine bestimmte Generationengruppe potenzieller Unterstützer anzusprechen, die alle die gleichen Zeiten erlebt haben.

Zwangsläufig sind die Auslöser für nostalgische Gefühle bei jedem unterschiedlich, abhängig davon, wie stark sich jemand mit einer Zeit verbunden fühlt und was sich damals im jeweils eigenen Leben ereignet hat. Wenn es also gelingt, eine Kampagne an einer bestimmten Ära auszurichten, an einem Trend, einer Fernseh-Show, einem Buch oder einem Spielzeug, kann man damit eine gemeinsame Basis für die Zielgruppe schaffen, die den Auslöser für Reaktionen bildet.

Trotzdem ist ein kreativer und sensibler Umgang mit der jeweiligen Thematik wichtig, um sicherzugehen, dass der Blick in die Vergangenheit nicht altmodisch oder überholt wirkt. Hier bietet sich die Möglichkeit des innovativen Denkens, das Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft miteinander verbindet. Das kann heißen, dass eine Kampagne ältere Fotos oder Videomaterial mit digitalen Kanälen oder Virtual Reality verbindet. Oder es führt einfach dazu, dass Unterstützer etwas tun, das auf Erinnerungen aus der Vergangenheit aufbaut.

Nostalgie ist mehr als ein warmes, verschwommenes Gefühl oder ein cleverer Marketing-Trick. Vielmehr ist es ein Weg, über den NGOs mit potenziellen Unterstützern Verbindungen aufbauen können, indem sie die Möglichkeit anbieten, etwas Bemerkenswertes zu tun, in Erinnerung zu bleiben und die Zukunft mitzugestalten.

Rob Cope ist Leiter von Remember A Charity, einem Zusammenschluss von 200 NGOs, die sich für Nachlass-Fundraising in Großbritannien engagieren. Dieser Text erschien im Original in „the fundraiser“, dem Blog des englischen NGO-Service CharityChoice.

Fotos: pexels.com/charitychoice


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