Muss oder Muss nicht sein? Spendensiegel im Vergleich

Braucht man ein Spendensiegel? Diese Frage hört man oft. Wir stellen die häufigsten Siegel vor und sagen, was es bringt und was es kostet.

Ein Spendensiegel hat eine sehr genaue Aufgabe: Es soll den Spenderinnen und Spendern das suggerieren, was die Währung im Fundraising ist – Vertrauen. Hinter der Siegelvergabe müssen also auch Organisationen stehen, die dieses Vertrauen ausstrahlen.

Das DZI

Die älteste Siegelorganisation ist das deutsche Zentralinstitut für soziale Fragen, kurz DZI. Es wurde bereits 1893 in Berlin gegründet und existiert heute in der Form einer Stiftung, die vom Senat Berlin, dem Bundesministerium für Familie und verschiedenen anderen Organisationen finanziell getragen wird. Das DZI hat eine eigene Spendenberatung und die Spendenaktivitäten von weit über 1.000 Organisationen dokumentiert. Seit 1992 vergibt die Organisation das DZI Spenden-Siegel. Allerdings geht es nur an Organisationen, die überregional um Spenden bitten, keine Spendenbündnisse sind und mehr als 25.000 Euro Spendeneinnahmen im Jahr vorweisen können. Früher war die Hürde mit 250.000 Euro deutlich höher. Alle anderen können das Siegel nicht erwerben. Geprüft werden Spendenverwendung und Ethik der Spendenwerbung. Aktuell tragen es 231 Organisationen. Das DZI-Spendensiegel ist wohl das bekannteste Siegel in Deutschland.

Der deutsche Spendenrat

Das Spendenzertifikat des Deutschen Spendenrats e.V. ist das einzige Prüfverfahren in Deutschland, bei dem Wirtschaftsprüfer die Qualitätskontrolle des Spendenzertifikats übernehmen. Das Zertifikat ist an die Mitgliedschaft im Spendenrat gebunden, der 1993 gegründet wurde. Inhalte des Zertifikats sind Transparenz-Regeln und ein aussagekräftiger Finanzbericht, der geprüft werden kann. Dazu hat der Spendenrat Grundsätze, die alle Mitglieder und damit auch Zertifikatsträger einhalten müssen. Jede Organisation und auch Spendenbündnisse können das Zertifikat erlangen. Dabei gelten für größere Organisationen mehr Dokumentationspflichten als für kleine.

Die Evangelische Allianz

Die Deutsche Evangelische Allianz (DEA) ist die wohl unbekannteste Siegelorganisation. Verbände und Werke, die mit der DEA zusammenarbeiten und einen Antrag stellen, werden durch einen unabhängigen Prüfungsausschuss mit einem Spendenprüfzertifikat ausgezeichnet, das die Einhaltung der DEA-Spendengrundsätze auf Basis einer Selbstverpflichtungserklärung verspricht. Aktuell besitzen 46 Werke und Einrichtungen das Prüfzertifikat der DEA, das befristet vergeben wird.

Die Initiative Transparente Zivilgesellschaft

Diese Initiative wird von Transparency International getragen. 2010 definierten verschiedene Organisationen zehn grundlegende Punkte der Transparenz in der Zivilgesellschaft. Aktuell haben sich dem 1.681 Organisationen angeschlossen. Es ist damit das am weitesten verbreitete Siegel in Deutschland. Das liegt auch an den Anforderungen, die gut zu erfüllen sind. Lediglich zehn Fragen müssen auf der eigenen Website beantwortet und öffentlich kommuniziert werden.

Das Wirkt-Siegel von PHINEO

PHINEO ist ein Analyse- und Beratungshaus mit dem Status einer gemeinnützigen Aktiengesellschaft. Eine gemeinnützige Organisation bekommt das Wirkt-Siegel, nachdem sie erfolgreich ein vierstufiges Analyseverfahren durchlaufen hat. Das Verfahren ist dabei an eine thematische Ausschreibung gekoppelt, die einmal jährlich durchgeführt wird. Die Ausschreibung darf also nicht verpasst werden. Einen Namen gemacht hat sich Phineo, weil es ein 100 Millionen Euro Spendenpaket der Förderin Susanne Klatten im Rahmen deren SKala-Initiative inhaltlich begleitete. Deshalb haben sehr viele Phineo-Siegelträger auch von dieser Initiative profitiert.

Der Deutsche Fundraising Verband

Seit Mai 2015 hat der Deutsche Fundraising Verband e.V. ein eigenes Ethik-Signet. Mitglieder des Verbandes dürfen das Signet auf ihren Publikationen nutzen, wenn sie die „19 Grundregeln für eine gute, ethische Fundraisingpraxis“ unterzeichnet haben und sich so dazu verpflichten, diese einzuhalten. Damit ist das Signet auch für Fundraising-Dienstleister offen, wenn sie Mitglied des Verbandes werden.

Der TÜV Thüringen

Tatsächlich gibt es auch einen Spenden-TÜV. Der TÜV Thüringen vergibt nach umfänglicher Prüfung Zertifikate an NGOs. Diese beinhalten nicht nur die Spendenbeschaffung, sondern auch Managementsysteme, Datenschutz und die Zufriedenheit von Spenderinnen und Spendern. Das Verfahren wurde mit der Fundraising-Akademie und namhaften deutschen Organisationen entwickelt. Es wurde erstmals 2009 vergeben. Hier geht es stark um Effizienz der NGO. Die Spendenverwendung spielt keine Rolle. Für kleinere Organisationen lohnt der Aufwand des Spenden-TÜVs nicht. Grundlage ist zumindest eine eigene Fundraising-Abteilung.

Lohnt das Siegel?

Die letzte Studie, die zur Wirksamkeit von Spendensiegeln geführt wurde, stammt aus dem Jahr 2017. Darin stellt das Wissenschaftszentrum Berlin in einem Experiment fest, dass wenn eine Organisation mit einem Siegel, in dem Fall des DZI, wirbt, die Spendeneinnahmen um 10 Prozent steigen. „Siegel machen den Unterschied“, erklärt Forschungsleiterin Maja Adena. Sie vermutet, dass Siegel die Entscheidung erleichtern. Insbesondere bei Gütern und Dienstleistungen, deren Qualität von den Kunden nicht leicht zu beurteilen ist und bei denen die Beziehung zwischen Käufer und Verkäufer auf Vertrauen basiert. Das zeigt auch eine Studie zu Spendensiegeln in Österreich auf, die vom Verbandsmanagement-Institut in der Schweiz durchgeführt wurde. Danach erachten 72 Prozent der Befragten das Siegel als sehr nützlich, und auch das Vertrauen in die Siegel ist positiv. Einschränkend ist aber zu bemerken, dass über die Bekanntheit der Siegel in Deutschland wenig geforscht wurde. Auch in der Studie der Schweizer liegt die Bekanntheit der österreichischen Siegel bei gerade einmal bei 25 Prozent.

Die Kosten

Bei eigenen Siegeln ist die Vergabe an eine Mitgliedschaft gebunden. Diese wird meist nach den Spendeneinnahmen gestaffelt. Beim Deutschen Spendenrat kann der Beitrag deshalb zwischen 200 und 6.500 Euro liegen, beim Deutschen Fundraising Verband bei 320 bis 2.000 Euro. Für das Siegel der Evangelischen Allianz muss man ebenfalls Mitglied sein. Zusätzlich wird für das Prüfzertifikat eine Verwaltungsgebühr in Höhe von mindestens 100 und höchstens 1.000 Euro verlangt. Die Höhe richtet sich nach 0,025 Prozent des jeweiligen Spendenaufkommens.

Das DZI-Spendensiegel ist das teuerste. Das DZI erhebt für die Bearbeitung eines Spenden-Siegel-Antrags eine Gebühr, die zunächst aus einem Grundbetrag von pauschal 500 Euro besteht. Außerdem kommt ein Zusatzbetrag in Höhe von maximal 0,035 Prozent der jährlichen Gesamteinnahmen hinzu. Bei den Gesamteinnahmen zählen zum Beispiel auch Einnahmen aus wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben mit. Die Gesamtgebühr, bestehend aus Grundbetrag und Zusatzbetrag, beläuft sich maximal auf 13.685 Euro (inklusive Mehrwertsteuer). Bei einem Erstantrag fällt außerdem eine einmalige Gebühr von 297,50 bis zu 1.190 Euro an. Zur konkreten Berechnung hat das DZI einen Gebührenrechner auf seiner Website.

Die Kosten des TÜV Thüringen sind sehr spezifisch. Wie der TÜV mitteilt, hängt das von vielen Kriterien, wie beispielsweise der Anzahl der Mitarbeiter oder der Anzahl der Niederlassungen ab, denn hier wird ein kompletter Qualitäts-Management-Prozess mit Prüfkriterien durchgeführt, für den es aber vorab ein Kostenangebot gibt. Das Siegel ist daher bisher auch nicht sehr verbreitet. Kostenfrei sind die Siegel der Initiative transparente Zivilgesellschaft und nach eigenen Angaben auch von Phineo.

Foto: Aaron Amat / Fotolia

Dies ist ein Artikel der Fundraising-Akademie aus dem Newsletter „ngo-dialog professionell“. Der Newsletter veröffentlicht zehn Mal im Jahr Beiträge für NGOs, Vereine und Stiftungen. Er kann hier kostenfrei abonniert werden.


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