Transparente Gehaltsangaben in Stellenanzeigen: So schaffen Sie Strukturen

Über Geld spricht man nicht? Nach Jahren des Tabus scheint ein Paradigmenwechsel Einzug zu halten: Immer mehr Menschen wünschen sich transparente Gehaltsangaben in Stellenanzeigen. Das ist sinnvolle, denn Gehaltstransparenz kann einen wesentlichen Teil zum Gerechtigkeitsempfinden von Mitarbeitenden beitragen.

Dem aktuellen Gehaltsreport von Stepstone zufolge bewerben sich 89 Prozent der Jobsuchenden eher auf Stellenanzeigen mit Lohnangabe. Stepstone sieht Gehaltstransparenz als „ein strategisches Werkzeug im Wettbewerb um Talente.“

Gehaltstransparenz in Österreich schon Standard

In unserem Nachbarland Österreich ist das bereits schon der gesetzliche Standard: Schon seit Jahren wird in österreichischen Stellenanzeigen das Gehalt angegeben. Für Ferdinand Lischka, Gründer und Geschäftsführer von NGOjobs, einer Job-Plattform für Jobs im NGO-Bereich aus Österreich, liegen die Vorteile klar auf der Hand: „Es gibt im Jahr 2024 keinen vernünftigen Grund mehr, nicht zumindest eine Gehaltsspanne anzugeben. In Österreich muss zwar nur das gesetzliche Mindestgehalt für die jeweilige Stelle angegeben werden und dieses liegt häufig weit unter dem tatsächlichen Gehalt – aber es bietet den Jobsuchenden doch immerhin eine sehr wichtige Orientierung. Ausschreibungen ohne Gehaltsangabe sind in Österreich nicht nur (fast immer) rechtswidrig, sondern werden von vielen Bewerbenden auch als unseriös empfunden.“ Die verpflichtende Gehaltsangabe schaffe mehr Transparenz und diene darüber hinaus auch als Instrument zur Bekämpfung des Gender Pay Gap, der geschlechtsspezifischen Lohnlücke, so Lischka. „In der Praxis hat sich das System schnell etabliert, weil diskriminierende Wohnungs- und Stelleninserate der Gleichbehandlungsanwaltschaft gemeldet werden und diese Verwaltungsstrafen erlassen kann. Darüber hinaus müssen Unternehmen mit mehr als 150 Arbeitnehmenden einen verpflichtenden Einkommensbericht erstellen.“

„… aber bitte mit Gehaltsmodell“

Dabei kann es so einfach sein. Nämlich wenn ein klares Gehaltsmodell vorhanden ist. Doch häufig verfügen viele Organisationen über kein klares Gehaltsmodell, die Einstufung unterschiedlicher Positionen erscheint beinahe willkürlich. So kann es durchaus vorkommen, dass Personen mit der gleichen Position sehr unterschiedlich bezahlt werden, wenn die arbeitgebende Organisation kein Gehaltsmodell implementiert hat. Aber was ist denn eigentlich ein „faires“ Gehalt? Und warum sollte Teammitglied x anders entlohnt werden als Person y? Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels sollten sich auch Non-Profit-Organisationen gut überlegen, wie viel Gehalt sie den Bewerbenden anbieten. Denn „Geld allein macht zwar nicht glücklich, beruhigt aber ungemein.“

Gehaltsmodell – welches darf es sein?

Bevor intern die Ausarbeitung eines neuen Gehaltsmodells für Gehaltstransparenz startet, sollte man sich zunächst umschauen, welche unterschiedlichen Modelle es bereits gibt. Vielleicht passt ein Einheitsgehalt oder das bedarfsorientierte Modell zu Ihrer Organisation?

Viele arbeiten mit einem Gehaltsbänder-Modell. Wie die Gehaltsspannen für die unterschiedlichen Level dann am Ende bemessen werden, hängt auch von den Gehältern in Referenz-Organisationen ab. Denn das neue Modell muss nicht nur nach innen stimmig sein, sondern auch mit dem Gehaltsniveau in vergleichbaren Branchen/Organisationen mithalten können. Recherchieren Sie passende Benchmarks und befragen Sie insbesondere für gewünschte Zuschläge und Sonderleistungen die Organisationsmitglieder.

Die Mühe lohnt sich

Ja, es steckt viel Mühe und Arbeit darin, ein Gehaltsmodell zu entwickeln. Doch es lohnt sich wirklich. Denn es macht Gehaltsverhandlungen obsolet und ist idealerweise transparent, nachvollziehbar und fair für alle Mitarbeitenden. Auch der gemeinnützige Verein foodwatch e. V. hat vor einigen Jahren ein Gehaltsmodell eingeführt. „Über die Jahre hatte sich die Gehaltsstruktur ohne bösen Willen relativ inkonsistent entwickelt. Unterschiede in der Bezahlung waren oft nicht mehr nachvollziehbar. Um die Bezahlung gerechter zu machen, und nicht nur die zu bevorzugen, die sich nach mehr Geld zu fragen trauten, wollten wir ein Gehaltssystem,“ so Dr. Chris Methmann, Geschäftsführer von foodwatch e.V.

„Alle Beteiligten können sich den Stress der jährlichen Gehaltsverhandlung sparen. Und Bewerbende freuen sich, dass alles nachvollziehbar ist. Außerdem berücksichtigen wir sehr unterschiedliche Faktoren jetzt automatisch: Wer Kinder oder zu pflegende Angehörige hat, einen Studienkredit abzahlt oder viel (Führungs-)Verantwortung hat, wird dafür fair entlohnt,“ erläutert Dr. Chris Methmann. Gleichzeitig ist es ihm besonders wichtig, das Team bei der Erarbeitung einer neuen Gehaltstruktur mitzunehmen, ihre Sorgen ernst zu nehmen, ihre Bedenken zu hören und tatsächlich zu berücksichtigen, was ihrer Meinung nach ein faires Gehalt ist.

Fünf Tipps für die Erarbeitung eines neuen Gehaltsmodells

  1. Binden Sie das Team frühzeitig ein: Welche Wünsche gibt es an die Kriterien der Vergütung (z. B. Erfahrung vs. Leistung) und ihre Höhe?
  1. Schaffen Sie Klarheit, welche Personalkosten die Organisation sich in Zukunft leisten will (und kann).
  2. Formulieren Sie einen klaren Kriterienkatalog: Welche Maßstäbe muss das Modell am Ende erfüllen, um gut zu sein? Sind z. B. Konkurrenzfähigkeit nach außen oder interne Gerechtigkeit wichtiger?
  3. Planen Sie genug Zeit und personelle Ressourcen ein: Das Reden über Geld, Gerechtigkeit und (monetäre) Wertschätzung ist auch mal emotional. Mancher Gedanke lässt sich oft besser zu einem Kompromiss verarbeiten, wenn zwei bis dreimal darüber geschlafen wurde.
  4. Überlegen Sie, wieviel Transparenz zu Ihrer Organisation passt. Soll am Ende alles offenliegen?

Übrigens: Ein hohes Gehalt ist nicht alles, führt beim Großteil der Menschen aber zu einer Steigerung der eigenen Zufriedenheit. Besonders in zivilgesellschaftlichen (spendenbasierten) Organisationen lassen sich Gehälter nicht leicht kontinuierlich erhöhen. Daher ist es für die Zufriedenheit erst recht entscheidend, dass das eigene Gehalt als gerecht empfunden und Gehaltstransparenz gelebt wird.

Die Autorin dieses Beitrags, Katharina Holzner, Leitung Personaldienstleistung bei Talents4Good, begleitet Organisationen dabei, ein passendes Gehaltsmodell zu erarbeiten und einzuführen und schafft mit ihrer Arbeit mehr Transparenz im Non-Profit-Sektor. Außerdem unterstützt sie Organisationen, die am besten geeignete Person für wichtige Jobs zu finden und Menschen beim Quereinstieg in den gemeinwohlorientierten Sektor. Talents4Good berät seit vielen Jahren Non-Profit-Organisationen sowie soziale und nachhaltige Unternehmen und Organisationen auf ihrem Weg zu einem fairen Gehaltsmodell.

Text: Katharina Holzner, Foto: The KonG/AdobeStock, Grafik: Talents4Good


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