Das ändert sich für Stiftungen in Deutschland
Stiftungsrechtsreform: Es ist inzwischen zwei Jahre her, dass der Bundestag eine Reform des Deutschen Stiftungsrechts beschlossen hat. Zum 1. Juli 2023 trat das neue Gesetz nun in Kraft, das Stiftungen mehr Rechtssicherheit garantieren soll. Was ändert sich ab jetzt?
Die Stiftungsrechtsreform bezieht sich auf rechtsfähige Stiftungen. Die wichtigste Neuerung ist die Vereinheitlichung des Stiftungsrechts auf Bundesebene, womit die verschiedenen Landesstiftungsgesetze abgelöst werden und alle Stiftungen, egal welcher Größe, mehr Rechtssicherheit aufgrund einer nun einheitlichen Rechtsprechung erhalten sollen. Die bis jetzt geltenden Stiftungsgesetze der Länder hatten sich teilweise widersprochen und wichen häufig stark voneinander ab. Die Folge waren Unklarheiten in der praktischen Umsetzung, zum Beispiel durch die Aufsichtsbehörden.
Neue Haftungsregeln bei Fehlern
Neu ist die Kodifizierung der Business Judgement Rule. Diese besagt, dass Stiftungsorgane nicht für falsche Entscheidungen haften, wenn sie alle geltenden Gesetze und Vorgaben in der Satzung beachtet und zum Wohl der Stiftung gehandelt haben. Voraussetzung ist außerdem, dass sie sich ausreichend informieren, bevor sie wichtige Entscheidungen treffen und dies auch dokumentieren. Der Bundesverband Deutscher Stiftungen schreibt auf seiner Website: „Denn wer bei der Auswahl etwa der Finanzanlagen sorgfältig handelt, ausreichend Informationen einholt, gesetzliche und satzungsmäßige Vorgaben beachtet und dies dokumentiert, dem kann der Business Judgement Rule zufolge grundsätzlich keine Pflichtverletzung vorgeworfen werden.“
Leichter umwandeln und fusionieren
Eine weitere wichtige Änderung betrifft vor allem notleidende Stiftungen, die durch die anhaltende Niedrigzinsphase in den letzten Jahren kaum mehr Erträge aus ihrem Grundstockvermögen hatten und damit ihren Stiftungszweck nicht mehr oder zumindest nicht mehr auf Dauer erfüllen können. Sie haben jetzt die Möglichkeit, eine Ewigkeitsstiftung leichter in eine Verbrauchsstiftung umzuwandeln. Außerdem können Stiftungen jetzt einfacher fusionieren, denn durch das vereinheitlichte Stiftungsrecht gelten jetzt auch einheitliche Regeln und bundeseinheitlich die Gesamtrechtsnachfolge. Das heißt, es müssen nicht mehr sämtliche Genehmigungen, Verpflichtungen, Rechte und Vermögensgegenstände einer Stiftung einzeln übertragen werden.
Umschichtung und Satzungsänderung einfacher
Eine weitere Regelung betrifft die sogenannten Umschichtungsgewinne. Damit werden Gewinne bezeichnet, die sich ergeben, wenn ein Vermögensgegenstand, dessen Wert im Lauf der Zeit gestiegen ist, veräußert wurde. Diese Umschichtungsgewinne dürfen jetzt für die Verwirklichung des Stiftungszwecks verwendet werden, wenn der Stifterwille es zulässt und das Stiftungskapital erhalten bleibt. Und auch eine spätere Änderung der Satzung soll mit der Stiftungsrechtsreform unkomplizierter werden, womit eine Fortentwicklung des Stifterwillens anerkannt wird.
Transparenz durch Stiftungsregister
Schließlich wurde mit der Stiftungsrechtsreform auch die Einrichtung eines Stiftungsregisters beschlossen. Es ist allerdings erst ab dem 1. Januar 2026 geplant. Ab diesem Zeitpunkt soll es zentral vom Bundesamt für Justiz geführt werden und deutlich mehr Transparenz sowie den Vertrauensschutz im Rechtsverkehr garantieren. Damit sollen die bis jetzt unterschiedlich geführten Stiftungsverzeichnisse der verschiedenen Aufsichtsbehörden der Vergangenheit angehören. Alle bestehenden und neu gegründeten rechtsfähigen Stiftungen sind dann zur Eintragung in das neue Stiftungsregister verpflichtet. Damit sind sie als Rechtsmarke geschützt und müssen dann auch einen Rechtsformzusatz führen. Stiftungsvorstände können durch den Eintrag der Stiftung ins Register beispielsweise viel einfacher ihre Vertretungsvollmacht nachweisen. Nach fünf Jahren soll das Stiftungsregister dann evaluiert werden. Die Stiftungsrechtsreform selbst soll nach zwei Jahren unter die Lupe genommen werden, um nachzubessern, wenn nötig.
Umsetzung bleibt Dauerbaustelle
So weit, so gut. Um den Ländern genug Zeit zu geben, die neuen Regelungen umzusetzen und ihre jeweiligen Landesstiftungsgesetze anzupassen, ist die Stiftungsrechtsreform erst zwei Jahre nach ihrer Verabschiedung in Kraft getreten. Doch genau daran hapert es aktuell, denn die Länder sind in dieser Hinsicht noch nicht aktiv geworden. Zudem hat sich eine Gruppe von Stiftungsrechtsexperten unter dem Namen Fundatio zusammengetan, denen die Reform nicht weit genug geht. Sie fordern unter anderem, dass Stiftungen ihren Rechtssitz frei wählen können, dass Stifterinnen und Stifter den Stiftungsorganen große Freiheiten gewähren dürfen, um die Stiftung fortzuentwickeln, sowie die Möglichkeit des „Upgrades“ von der Verbrauchsstiftung zur Dauerstiftung. Das Thema Stiftungsrecht in Deutschland bleibt also offenbar weiterhin eine Baustelle, an der auch in Zukunft fleißig gearbeitet wird.
Text: Ute Nitzsche, Foto: Gerd Altmann/pixabay
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