Acht Schritte für erfolgreiches Fundraising in Zeiten der Krise

Die Fundraiserin Amy Eisenstein hat während ihrer 20-jährigen Berufserfahrung in den USA schon manche Krise gemeistert. Hier teilt sie dieses Wissen.

Deutsch von Rico Stehfest

Das Corona-Virus breitet sich weiter aus, die Wirtschaft leidet darunter und die Politik ist dabei alles andere als in ruhigen Fahrwassern. Alle drei dieser Punkte, jeweils für sich betrachtet, könnten bereits Ausgangspunkt für ein Desaster im Fundraising sein. Und jetzt auch noch alles gleichzeitig! Ihre Spender sind verunsichert, Ihr Vorstand droht, die Nerven zu verlieren. Jetzt sind Sie als Fundraiserin oder Fundraiser gefragt, voranzugehen. Was also ist zu tun?

1. Bleiben Sie ruhig und machen Sie weiter!

Als allererstes: Bleiben Sie ruhig! Wenn Sie einen kühlen Kopf bewahren und diese acht Schritte befolgen, haben Sie die Chance, mit Ihrer Organisation gut durch diese Zeit zu kommen, während andere zurückfallen werden.

Es gibt viele Beispiele aus der Finanzkrise 2008/2009, in der Organisationen ihre Fundraising-Budgets reduziert und teilweise sogar ihr Fundraising-Personal abgeschafft haben, um „Geld zu sparen“. Tatsächlich sind das diejenigen, die langfristig am meisten gelitten haben.

Andere Organisationen hingegen blieben einfach auf ihrem Kurs und haben in ihre Fundraising-Aktivitäten investiert. Ihnen ist es gelungen, so viel an Spenden zu sammeln, wie sie benötigt haben, und mehr.

Schauen Sie sich also die Lehren aus der jüngsten Geschichte an: Sich während einer ökonomischen Krise zurückzuziehen, ist nicht die beste Taktik.

2. Bringen Sie Ihren Vorstand zusammen (falls nötig eben virtuell über Video-Chats)!

Rufen Sie Ihren Vorstand zusammen, um die Situation gemeinsam zu besprechen. Teilen Sie mit allen Ihren Plan, ruhig zu bleiben und Ihre Fundraising-Aktivitäten weiterzuführen. Wenn Sie gerade mitten in einer Fundraising-Kampagne stecken: Machen Sie weiter! Sollten Sie gerade im Begriff sein, eine Kampagne zu starten: Tun Sie es! Machen Sie mit Ihrer Jahres-Kampagne weiter wie geplant!

Bitten Sie während des Meetings die Mitglieder Ihres Vorstandes um Vorschläge und Ideen, um alle zu involvieren.

Diskutieren Sie in der Gruppe, wie sich das Corona-Virus, eine mögliche Rezession und politische Unwägbarkeiten auf Ihre Organisation und Ihre Mission auswirken könnten. Werden sich Ihre alltäglichen Herausforderungen verstärken? In schwierigen Zeiten ist es oft wichtiger, Hungerleidenden zu helfen, Obdachlosen eine Unterkunft anzubieten, Kranke zu versorgen oder sich um Ältere zu kümmern. Wie also könnte das Ihre Mission beeinträchtigen?

3. Wenden Sie sich häufiger an Ihre Spender!

In Sondersituationen neigen viele dazu, ihre Spender zu meiden. Tun Sie das Gegenteil! Jetzt ist der Zeitpunkt, sich an Ihre Spender zu wenden und um Unterstützung zu bitten. Erstellen Sie eine Liste der Top-Spender und arrangieren Sie mit ihnen so bald wie möglich ein Gespräch. Virtuelle Tools dafür gibt es viele.

Erkundigen Sie sich danach, wie es ihnen und ihren Familien geht. Erkundigen Sie sich nach der aktuellen beruflichen Situation. Vermitteln Sie, wie diese unsicheren Zeiten sich auf Ihre NGO und Ihre Projekte auswirken. Beispielsweise betreibt ein Freund eine Suppenküche, die in nächster Zukunft voraussichtlich 2000 zusätzliche Mahlzeiten pro Monat bereitstellen muss.

Viele Spender werden die Gelegenheit nutzen zu helfen, wenn ihnen die Möglichkeit dazu gegeben wird. Vermitteln Sie klar, mit welchen Herausforderungen Sie konfrontiert sind und was Sie benötigen, um die Sache durchzustehen. Geben Sie Ihren Spendern die Möglichkeit, Sie zu überraschen (auf positive Weise).

4. Sagen Sie Veranstaltungen ab, aber erstatten Sie kein Geld!

Höchstwahrscheinlich haben Sie bereits Ihre kommenden Fundraising-Events aus Gründen der Gesundheit und Sicherheit abgesagt. Mit Sicherheit hat dann auch jemand in Ihrer Organisation vorgeschlagen, Ticket-Einnahmen und Sponsoren-Gelder zu erstatten. Das klingt sicherlich völlig logisch. Wenn Spender und Sponsoren allerdings die Wahl bekommen, werden viele Ihnen das Geld überlassen.

Statt also einfach nur Einnahmen zurückzuzahlen, nutzen Sie die Gelegenheit, sich an Ihre Spender zu wenden und Ihnen mitzuteilen, was gerade Sache ist. Geben Sie Ihnen die Chance, die Kosten für ein Ticket Ihrer Organisation zu spenden, obwohl Sie die Veranstaltung abgesagt haben. (Nicht in jedem Fall ist die Suche nach einem Ausweichtermin die beste Lösung.)

Angesichts der Situation können Sie stattdessen Ihre Ticket-Käufer dazu bitten, eine Dauerspende einzurichten, um Ihrer Organisation durch die kommenden turbulenten zwölf Monate zu helfen.

5. Wenn Sie eine Kapital-Kampagne planen oder sich mitten drin befinden: Bleiben Sie auf Kurs!

Falls Sie bereits seit Monaten (oder vielleicht sogar länger) eine Kapital-Kampagne planen, bedenken Sie, dass sich die Notwendigkeit Ihrer Kampagne jetzt angesichts der aktuellen Lage nicht unbedingt automatisch in Luft aufgelöst hat. Wenn Sie mitten in einer Kapital-Kampagne stecken: Machen Sie weiter! Bringen Sie angesichts einer ökonomischen Krise nicht alles zum Halten. Es gibt andere Schritte, die Sie in Erwägung ziehen können. Eventuell sollten Sie die Dauer Ihrer Kampagne verlängern oder Ihre Ziele und Pläne anpassen, aber Ihre Kampagne ganz aufzugeben, könnte ein großer Fehler sein.

6. Danken Sie Ihren Spendern!

Mit Dankbarkeit kommen Sie sehr weit, besonders wenn die Menschen gestresst sind. Nehmen Sie sich die Zeit, wirklichen und aus dem Herzen kommenden Dank Ihren Spendern gegenüber zu formulieren. Lassen Sie einfach mal Ihre Routine fallen und greifen Sie zum Telefon. Oder schreiben Sie eine handschriftliche Notiz für einen Spender. Sofern möglich, können Sie das auch persönlich tun. Betrachten Sie keinen Spender als selbstverständlich!

7. Halten Sie sich mit Vermutungen zurück!

Nur, weil sich die Wirtschaft gefühlt im freien Fall befindet, sollten Sie keine Prognosen darüber formulieren, was Ihre Spender tun werden oder nicht tun werden oder was sie geben können oder nicht. Es gibt Menschen, die Aktien auf Reinigungsmittel und medizinische Ausrüstung halten und die jetzt angesichts von Corona einen Gewinn eingefahren haben. Und nicht nur das, viele unserer wichtigsten und treuesten Spender haben ausreichend Reserven, die es ihnen ermöglichen, für wichtige Themen zu spenden, selbst in Zeiten einer finanziellen Krise.

8. Bitten Sie um das, was Sie brauchen!

Wenn sich Ihre Bedarfe angesichts Corona oder des wirtschaftlichen Abschwungs erhöht haben, dann lassen Sie es Ihre Spender wissen. Seien Sie nicht zurückhaltend. Zeigen Sie offen, was Sie benötigen und zeigen Sie Wege auf, über die Ihnen Spender helfen können. Sie werden überrascht sein. Einige werden sich zurückziehen, andere werden die Ärmel hochkrempeln.

Es ist nicht falsch, sich in einer so nervösen Zeit unsicher zu fühlen. Tatsache ist, dass sich einige Spender erst mal auf ungewisse Zeit zurückziehen werden. Verlassen Sie sich aber darauf, dass es auch Spender gibt, die sich besonders in solchen Zeiten stark machen. In der Zwischenzeit ist es wahrscheinlich, dass Sie in Ihren Projekten mehr denn je gebraucht werden. Viele Spender werden das anerkennen und tun, was immer sie können, um Ihr Anliegen zu unterstützen. Aber auch das ist abhängig von Ihrer Art der Kommunikation und Ihrem Führungsverhalten. Tun Sie Ihr Bestes, auf Kurs und ruhig zu bleiben!

Text: Amy Eisenstein / Deutsch von Rico Stehfest
Foto: pixabay

Amy Eisenstein (Advanced Certified Fundraising Executive) ist Fundraising-Beraterin sowie CEO und Mitgründerin der US-Amerikanischen Campaigning-Agentur Capital Campaign Toolkit. Sie verfügt über umfangreiche Erfahrungen in den Bereichen Veranstaltungsplanung, Fördermittelakquise, Kapital-Kampagnen und Großspenden.

www.amyeisenstein.com


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