NGOs und Influencer – so gelingt die Zusammenarbeit

Influencer können die öffentliche Wahrnehmung von NGOs unterstützen. Dabei geht es zwar nicht in erster Linie um das Einwerben von Spenden, trotzdem kann sich das auch positiv auf das Spendenverhalten der Unterstützer auswirken. Wir geben Tipps, wie Sie den richtigen Influencer finden und erfolgreich in Ihre Arbeit integrieren.

Von Rico Stehfest

Auch wenn die Wahl eines Influencers nur im Zusammenhang mit der jeweiligen geplanten Kampagne einer Organisation gedacht werden kann, bringt diese Aufgabe mehrere Herausforderungen mit sich. Philipp Woywode, Berater der Kommunikations-Agentur ADVERB, stellt dafür drei Aspekte in den Mittelpunkt: Kanal, Größe und Themenfeld. Die Zielgruppe gibt vor, welcher Kanal genutzt werden soll. Anders formuliert: Wenn die Zielgruppe für eine Kampagne definiert ist, läuft schlussendlich das Influencer-Marketing auf jenen Kanälen ab, die der Influencer nutzt.

Anzahl der Follower abwägen

Wie aber pickt man den für die eigene Organisation am ehesten passenden Influencer heraus? Der Aspekt der Größe verweist auf die jeweilige Reichweite. Diese zeigt sich in der Zahl der Follower. Aber eine hohe Anzahl ist hier nicht automatisch die beste Wahl, wie Woywode verrät: „Ein weit verbreiteter Irrglaube ist, dass je mehr Follower ein Influencer hat, er oder sie umso besser geeignet sei, um eine bestimmte Zielgruppe zu erreichen. Denn oftmals sind es gerade die kleinen Blogger und Einflussnehmer, die einen Expertenstatus und eine hohe Glaubwürdigkeit bei ihren Fans genießen.“ Die tatsächliche Relevanz eines Influencers lässt sich erkennen, wenn man die Followerzahlen mit dem Engagement der Fans abgleicht, wie Woywode weiter ausführt. Gemeint sind damit Reaktionen auf einen Post wie Likes und Kommentare. „So sollten sich ungefähr 3,5 bis 6 Prozent der Follower auch in der Engagement-Rate widerspiegeln. Werte jenseits dieses Fensters sind in beide Richtungen unglaubwürdig und müssen im Einzelnen nachvollzogen werden. Einen schnellen Check können Sie beispielsweise mit dem Engagement-Calculator von mightyscout.com durchführen“, so Woywode.

Influencer als Bindeglied zwischen NGO und Community

Hinsichtlich der inhaltlichen Thematik braucht es viel Fingerspitzengefühl, um herauszufinden, welcher Influencer am ehesten für den jeweiligen Bereich empfänglich ist und wo in dieser Hinsicht eine Kooperation auch für beide Seiten sinnstiftend ist. Welcher Influencer bewegt sich mit seinen Themen vielleicht schon in der Nähe der konkreten Mission einer NGO? Finden Sie einen Influencer, die oder der in der Lage ist, Ihre Arbeit zu verstehen. Nur dann ist die Basis gegeben, dass ein Influencer es schafft, Ihr Anliegen für die Community angemessen zu übersetzen. Und so kann er oder sie als Bindeglied und Brücke zwischen der NGO und der Community wirken.

Gelungenes Beispiel: Der Youtuber Felix „Tomatolix“ Michels hat sich in Syrien die Arbeit der NGO angeschaut:

Vorteile für alle Beteiligten

Bereits im Vorfeld, vor einer Kontaktaufnahme, sollten die Vorteile einer Kooperation für beide Seiten gut überlegt und argumentativ untermauert sein. Das erleichtert die Verhandlungen und macht das Anliegen einer NGO von Anfang an transparent. Besonders in jenen Fällen, in denen eine finanzielle Vergütung für den Influencer aufgrund von Budgetknappheit weniger Gewichtung erfahren kann, ist dieser Punkt wichtig. Mit den Stichwörtern Image und Aufmerksamkeit kann man hier eine gute Basis schaffen, schließlich wollen Influencer wahrgenommen werden. Deshalb ist es auch wichtig, sich im Vorfeld zu überlegen, was genau gepostet werden soll, ob es sich um Fotos oder Videos handeln wird. Klare Ziele auf der Seite der NGO sind hilfreich, gleichzeitig sollte sich eine Organisation auch offen für Ideen zeigen, die Influencer selbst einbringen können.

Vertragsdetails sind wichtig

Natürlich müssen die Umfänge der Leistung vertraglich fixiert werden. Philipp Woywode verweist dabei auf Details: „Im Vertrag sollte zumindest festgehalten sein, welche Kanäle in welcher Frequenz bespielt werden. Achten Sie darauf, auch vermeintliche Kleinigkeiten zu verschriftlichen: Sollten die Posts beispielsweise suchmaschinenoptimiert werden? Sollen Erfolge mittels CTR (Click-Through-Rate) messbar gemacht werden? Damit verbunden ist auch die Frage nach der Art der Links, die möglicherweise zu setzen sind (Dofollow-Links, Nofollow-Links). Ein erfolgreiches Posting ist Konzeptarbeit und nicht zu unterschätzen, sonst bleiben die eigenen Inhalte schlussendlich beliebig und Erfolge unnachvollziehbar.“

Preisgestaltung kann variieren

Preislich kann eine Kooperation unterschiedlich gestaltet werden. So genannte Tausender-Kontakt-Preise bewegen sich oft zwischen 10 und 25 Euro. Das kann sich bei Influencern mit einer hohen Anzahl an Followern schnell zu hohen Kosten summieren. Weniger reichweitenstarke Influencer berechnen Preise dahingegen meist nach messbaren Reaktionen auf einen Post.

NGOs brauchen Vertrauen in ihre Influencer

Früher oder später kommt dann in der Zusammenarbeit mit Influencern für jede NGO ein Punkt, an dem sie loslassen können muss. Vertrauen ist dann gefragt. Der Erfolg von Influencern kommt nicht von ungefähr. Sie oder er kennt die eigene Community und verfügt über die passenden Tools für eine erfolgreiche Ansprache. Hier sollte sich eine NGO möglichst herausnehmen, wie Woywode rät: „Eine Stärke des Influencer-Marketings ist Authentizität. Diese würde verloren gehen, wenn der Absender sich plötzlich anders verhielte, als es seine Fans von ihm gewohnt sind. Nichts wirkt künstlicher als vorgeschriebene Sätze oder ungewohnte Outfits.“

Der Aspekt der Authentizität ist auch besonders dann wichtig, wenn Influencer direkt in die Projektarbeit einer NGO eintauchen und Situationen vor Ort kennenlernen sollen, um sich ein eigenes Bild zu machen. Ein gelungenes Beispiel hat die Kindernothilfe bereits vor einigen Jahren umgesetzt. So hatte sich beispielsweise der Youtuber Felix „Tomatolix“ Michels in Syrien die Arbeit der NGO angeschaut.

Hier wird deutlich, wie weit sich die Organisation selbst zurückgenommen hat, um der Umsetzung der eigenen Erfahrungen und der Erstellung des Kontextes freien Raum zu lassen. Influencer erreichen ihre Follower, weil sie deren Sprache sprechen. NGO können das nutzen, um auf zielgruppengenaue Weise ihren Bekanntheitsgrad zu vergrößern und damit längerfristig neue potenzielle Unterstützer zu erreichen.

Foto: pexels


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