Spender:innen-Reaktivierung – eine Schritt für Schritt-Anleitung
Die Gewinnung von Neuspender:innen wird immer aufwändiger und kostenintensiver. Oftmals bewegen sich die Kosten pro Spender:in zwischen 100€ bis 250€ und der Break-Even stellt sich erst nach 3 – 5 Jahren ein. Eine effektivere Methode stellt daher die Optimierung des eigenen Spender:innen-Bestands dar. Eine Möglichkeit hierbei besteht in der Reaktivierung von bereits gewonnen Spender:innen, die in der Zwischenzeit inaktiv geworden sind. Der folgende Beitrag zeigt Schritt für Schritt, wie Sie hierfür mithilfe von Profilen eine erfolgversprechende Zielgruppe bestimmen.
Alternativ können Sie sich die Vorgehensweise im Webinar mit unserem Kollegen Stefan Grätzer ansehen:
Schritt 1: Inaktive Spender:innen identifizieren
Zunächst stellt sich die Frage, welche Spender:innen innerhalb Ihres Bestands als inaktiv gelten. Dies kann je nach Organisation unterschiedlich sein, in unserem fiktiven Fallbeispiel werden folgende Gruppen definiert:
- Als aktive Spender:innen gelten alle, die regelmäßig Spenden tätigen und innerhalb der letzten 18 Monate gespendet haben
- Als inaktive Spender:innen gelten alle ehemaligen Spender:innen, die das letzte Mal vor 18 Monaten gespendet haben
- Als reaktivierte Spender:innen gelten alle heute aktiven oder inaktiven Spender:innen, die in der Vergangenheit nach einer 18-monatigen Pause wieder gespendet haben
Diese Gruppen werden nun anhand der beschriebenen Merkmale innerhalb des Spender:innen-Bestands selektiert. Um die drei Segmente miteinander zu vergleichen und zu veranschaulichen, welche Überschneidungen es zwischen diesen gibt, bietet sich die Visualisierung mit einem Venn-Diagramm an:

Dieses zeigt, dass ca. 160.000 der Spender:innen aktiv und 100.000 inaktiv sind. Die Schnittmenge zwischen den beiden Gruppen beträgt 0, da ein:e Spender:in entweder aktiv oder inaktiv ist, aber nicht beides gleichzeitig sein kann. Es gibt zwei Überschneidungsgruppen, da in der Vergangenheit reaktivierte Spender:innen heute auch aktiv oder inaktiv sein können.
Für unsere Analyse ist besonders die Gruppe von 10.597 Personen interessant. Hierbei handelt es sich um Spender:innen, die in der Vergangenheit bereits erfolgreich reaktiviert werden konnten und auch heute noch aktiv sind. Diese Gruppe wird als Analysegruppe für unser Profil zur Reaktivierung genutzt.
Exkurs: Was sind Profile und welche Vorteile bieten sie?
Profile dienen der Beschreibung von Personen anhand von Eigenschaften oder Verhaltensweisen. Die Nutzung von Profilen bietet verschiedene Vorteile. Zum einen helfen Sie Ihnen dabei, die Bedürfnisse Ihrer Spender:innen und deren Verhalten besser zu verstehen. Die Erkenntnisse, die Sie daraus gewinnen, ermöglichen es wiederum, die Ansprache der Spender:innen personalisierter zu gestalten, was sich positiv auf die Spender:innen-Bindung auswirkt. Darüber hinaus können Sie Profile nutzen, um neue Potenziale zu identifizieren. Hier gibt es verschiedene Anwendungsfälle von denen einer die Reaktivierung von Spender:innen ist.
Schritt 2: Erstellung eines Profils von erfolgreich reaktivierten Spender:innen
Um von Profilen zu profitieren, müssen Sie kein:e Statistiker:in sein. Folgende Schritte sind dazu nötig:
- Erstellen der Analysegruppe: Dieser Schritt ist in unserem Beispiel bereits erledigt. Die zuvor definierte Gruppe von 10.597 Personen, die in der Vergangenheit bereits erfolgreich reaktiviert wurde und heute noch aktiv ist, soll analysiert werden.
- Definition der Basisgruppe: Diese stellt die Grundgesamtheit des Modells dar. In unserem Fall ist dies die Analysegruppe zuzüglich aller inaktiven Spender:innen.
- Auswahl möglicher, relevanter Merkmale: Die Analysegruppe wird nun mit der Basisgruppe verglichen und es werden geeignete Merkmale ausgewählt, die die Analysegruppe beschreiben.
- Erstellen einer Scorecard: Mithilfe einer Scorecard können diejenigen Variablen und Merkmale dargestellt und identifiziert werden, die sowohl eine hohe Durchdringung als auch Signifikanz in der Analysegruppe aufweisen.
Im Beispiel ist die Variable bevorzugter Kanal dargestellt. Es ist zu sehen, dass die Durchdringung für die Merkmale Print-Mailings und E-Mails am stärksten ist. Die Farbe der Balken gibt zudem Auskunft über die statistische Signifikanz des Merkmals, je stärker rot ein Balken ist, desto besser ist das jeweilige Merkmal geeignet, um die Analysegruppe zu beschreiben.

Weitere Variablen, die in ein entsprechendes Profil einfließen können, sind zum Beispiel: Die Summe der bisher getätigten Spenden, die Altersgruppe, die Kaufkraft, die Generation oder das Geschlecht.
Schritt 3: Scoring von Look-a-likes
Nachdem das Profil erstellt wurde und bekannt ist, welche Merkmale die erfolgreich reaktivierten Spender:innen auszeichnen, soll nun innerhalb der 100.000 inaktiven Spender:innen nach Personen gesucht werden, die ebenfalls über diese Merkmale verfügen.
Eine geeignete Methode hierfür ist das sog. Look-a-Like Scoring. Der Begriff Look-a-like stammt aus dem Englischen und meint „ähnlich aussehend“. Es wird also ein Score, der die Ähnlichkeit zu den Merkmalen der Analysegruppe beschreibt, an alle inaktiven Spender:innen vergeben. Je höher der Score dabei ist, desto ähnlicher ist eine Person der Analysegruppe und damit für die Reaktivierung geeignet.
Schritt 4: Selektion der Top-Scorer
Jetzt ist es fast geschafft, es muss aber noch entschieden werden, wie viele Personen angeschrieben werden sollen. Das heißt: Welchen Score Personen haben müssen, damit Sie in die Zielgruppe für die Kampagne zur Reaktivierung einfließen.
Unsere Reaktivierungskampagne wird als Print-Mailing versendet. Folgende Annahmen werden dazu getroffen:
- Bei einer Auflage von 50.000 Stück liegt der Stückpreis pro Mailing bei 80 ct
- Bei einer Auflage von 100.000 bei 72 ct
- Basierend auf Erfahrungswerten wird mit einer Reaktionsquote von 5% bis 10% und einem Durchschnittsspendenwert zwischen 45€ und 60€ gerechnet
Auf diesen Informationen und unserem Scoring basierend wurde das nachfolgende Finanzchart erstellt. Die grüne Linie stellt die Mailingkosten dar, die mit zunehmender Stückzahl linear ansteigen. Die blaue Linie stellt den Gesamt-Spendenerlös, die orange Linie die Netto-Spendenerlöse dar.

Es ist zu sehen, dass die Netto-Spendenerlöse ab einem gewissen Punkt wieder abfallen. Im Beispiel ist dieser Punkt bei etwa 47% erreicht. Daraus kann geschlussfolgert werden, dass alle Personen, die sich links von diesem Punkt befinden, für die Kampagne selektiert werden sollten, um den Netto-Spendenerlös zu maximieren. In unserem Beispiel ergibt sich so eine Zielgruppe der Top-Scorer, also 47% der gescorten Spender:innen. Diese Gruppe sollte in der Reaktivierungskampagne angeschrieben werden. Hiervon müssen noch die Personen abgezogen werden, die sich sowohl unter den Top-Scorern als auch der Analysegruppe befinden, da diese Personen bereits aktiv sind und daher nicht angeschrieben werden müssen. Damit ergibt sich eine Gesamtzahl von 49.081 Personen, die im Rahmen unserer Reaktivierungskampagne angeschrieben werden sollten.

Auswirkungen auf den ROI der Kampagne zur Reaktivierung
Die auf die Top-Scorer reduzierte Personenzahl in unserer Kampagne spart entscheidende Ressourcen. Einerseits aus Umweltaspekten, denn es wird weniger Papier und Energie für die Produktion und den Versand der Kampagne zur Reaktivierung verbraucht. Gleichzeitig wirkt sich die Anwendung von Profilen positiv auf den ROI der Kampagne aus. Dies verdeutlicht die nachfolgende ROI-Kalkulation, die den Versand der Kampagne an alle 100.000 inaktiven Spender:innen mit dem Versand an 50.000 Top-Scorer vergleicht. Obwohl sich die Mailing-Kosten pro Stück, durch die reduzierte Auflage, erhöht haben, können durch die höhere Conversion Rate und die gesunkenen Kosten pro Spende die Netto-Erlöse erhöht und der ROI um 100% gesteigert werden.

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Fotos: Apteco und Pxhere.com
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