Erbschafts-Marketing: Das sind die nützlichsten Online-Portale
Gemeinnützige Organisationen schöpfen das Potenzial von Erbschafts-Marketing noch kaum aus. Das Anfang 2022 in Kraft getretene revidierte Erbrecht bietet Fundraiserinnen und Fundraisern in der Schweiz neue Chancen. Doch welche Online-Plattformen unterstützen sie beim Erbschafts-Fundraising in der Schweiz und Deutschland? Ein Überblick.
Die Schweizer Hilfswerke haben im Jahr 2021 2,05 Milliarden Franken Spenden erhalten. Das zeigt die Statistik der Schweizer Stiftung ZEWO. Davon flossen 220 Millionen Franken in Form von Legaten bzw. Vermächtnissen an Organisationen mit ZEWO-Gütesiegel. 220 Millionen tönt nach viel Geld. Doch der Schweizer Wirtschaftsprofessor Marius Brülhart von der Uni Lausanne schätzt, dass die Bevölkerung in der Schweiz jährlich rund 95 Milliarden Franken vererbt. 220 Millionen Franken machen daher nur wenige Promille aus.
Mit aktivem Erbschafts-Marketing – Anteil an Erbmasse erhöhen
Mit einem aktiveren Erbschafts- und Legate-Marketing (ELM) könnten gemeinnützige Organisationen mehr dieser Erbmasse «abschöpfen». Der für diesen Zweck gegründete Schweizer Verein «Allianz für das Gemeinwohl» schätzt, dass jedes zusätzliche Promille jährlich 90 Millionen Franken mehr zur Finanzierung gemeinnütziger Anliegen beitragen würde. Die Bemühungen von Hilfswerken um einen größeren Anteil am Erbkuchen könnten sich auszahlen: Das in der Schweiz und seit Anfang 2023 auch in Deutschland aktive Legate-Portal DeinAdieu hat in einer repräsentativen Studie im Jahr 2020 ermittelt, dass der Median pro Legat/Erbschaft an ein Hilfswerk 50’000 bis 80’000 Franken beträgt. Rund zwei Drittel der Schweizer sterben aber ohne Testament.
Großes Potenzial auch in Deutschland
Auch für Hilfswerke in Deutschland gibt es im Erbschafts-Marketing viel zu gewinnen: Gemäß Statistischem Bundesamt wurden alleine im Jahr 2021 rund 63 Milliarden Euro vererbt. Tendenz seit Jahren steigend. Wie viel Geld von dieser Erbschaftssumme an Non-Profit-Organisationen fließt, wird in Deutschland nicht erhoben. Der Non-Profit-Sektor profitiert aber – wie auch in der Schweiz – kaum vom Geldsegen. Was klar ist: Der Nachwuchs erhält gemäß Gesetz drei Viertel des Nachlasses. Das Fundraising-Potenzial scheint auch in Deutschland groß: Laut einer Studie der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) können sich rund ein Drittel der Deutschen über 50 Jahre vorstellen, eine gemeinnützige Organisation im Testament zu bedenken.
Neues Erbrecht in der Schweiz: Tiefere Pflichtteile bringen mehr Spielraum
Auch Fundraiserinnen und Fundraiser in der Schweiz haben Grund für Optimismus: Mit dem revidierten Schweizer Erbrecht erhalten Erblasserinnen und Erblasser seit Anfang 2023 mehr Spielraum, gemeinnützige Organisationen zu begünstigen. Eine Online-Umfrage von DeinAdieu bei 122 gemeinnützigen Organisationen zeigte aber, dass die Schweizer Hilfswerke den Erbschaftsmarkt noch kaum bewirtschaften. Nicolas Gehrig, Geschäftsleiter von DeinAdieu, sagt: «Hilfswerke sollten deutlich mehr ins Legate-Marketing investieren. Nur so sichern sie ihren Anteil am wachsenden Erbschaftsmarkt.»
Erbschafts-Marketing auf Online-Plattformen
Am bedeutsamsten für Hilfswerke sind gemäß ZEWO-Spendenreport 2021 DeinAdieu.ch und Fundraiso.ch. Das beim Thema Erbschafts-Marketing und Legate-Marketing in der Schweiz führende Portal DeinAdieu.ch informiert über die Möglichkeit einer Testamentsspende und bietet Onlinetools für die Webseiten der Organisationen zur Testamentserstellung an. Auf der Online-Plattform werden den vornehmlich älteren Website-Besuchern und Besucherinnen passende gemeinnützige Organisationen im Rahmen einer Testamentsvorlage-Erstellung vorgeschlagen. Felizitas Dunekamp, Geschäftsleiterin ihrer Agentur Dunekamp GmbH, sagt: «Wir empfehlen unseren Kunden die Zusammenarbeit mit «DeinAdieu.ch», weil auch Organisationen mit kleinem Budget und wenig personellen Ressourcen ihren Spendenden viel Leistung anbieten können.» Außerdem sei das regelmäßige Reporting von DeinAdieu ein wertvolles Feedback für die Organisationen.
In Deutschland haben sich mehrere Organisation zur Initiative Mein Erbe tut Gutes das Prinzip Apfelbaum zusammengeschlossen. Sie bietet über ihre Website Ratgeber und Kontakte zu Fundraising-Fachpersonen an. Die ähnlich arbeitende Plattform Erbrechtsinfo ist ein Informationsportal und Ratgeber für Erbrecht. Die Website Testament-erbe.de ist ebenfalls ein Informationsportal rund ums deutsche Erbrecht. Kirchliche Organisationen haben sich auf den Plattformen “Was bleibt” und Erbschaftsinitiative.de zusammengeschlossen. Unabhängige Experten für Beratung findet man bei der DIGEV e.V. In Österreich gibt es die Initiative vergißmeinnicht.at des Fundraisingverband Austria.
Überblick über Erbschaftsmarketing-Portale in der Schweiz und Deutschland
Die Übersicht über die Online-Portale für Erbschafts-Marketing, können Sie auch hier als PDF downloaden.
Über den Autor
Bernhard Bircher-Suits (49, lic. phil.) hat Unidiplome in Journalistik, Kommunikationswissenschaften und Sozialarbeit. Bircher-Suits ist Eigentümer und Geschäftsleiter der FundCom in Zürich. Seine Agentur macht Marketingkommunikation, Medienarbeit und Fundraising. Bircher-Suits ist Swissfundraising-Mitglied, freier NZZ-Autor und ehrenamtlich im Vorstand des Zürcher Spendenparlaments tätig. Mehr Informationen auf fundcom.ch
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